Eiserne Ketten (Einträge über Film)
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2019-03-31T14:23:23Z
Daniel Roßbach
Nikola
Wenig Distanz: 11mm
https://eiserneketten.de/posts/11mm/
2018-03-27T01:32:34+02:00
2018-03-27T01:32:34+02:00
Daniel Roßbach
<figure><img src="https://eiserneketten.de/images/Men-in-the-arena_preview-crop-thumb.png"></figure> <div><div class="figure align-right">
<img alt="Peter" src="https://eiserneketten.de/images/Peter.jpg">
<p class="caption">Nationalspielerin und Jurymitglied Babett Peter, Photo: Stefanie Fiebrig</p>
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<p><em>Gestern Abend ging mit der traditionellen Kurzfilm-Kuration 'Shortkicks' die 15. Ausgabe des 11mm Fußball-Film-Festivals zu Ende. Wir werfen ein paar Schlaglichter darauf, was in den letzten Tagen im Kino Babylon zu sehen war.</em></p>
<p>Den Preis für den besten Kurzfilm des Abends verlieh eine Jury am Ende des Abends ungefähr im Modus des Eurovision Song Contest. Zu dieser Jury gehörten mit den den Fußballern Bernhard Dietz, Babett Peter und Mitchell Weiser auch Menschen, die sich dank einer launigen Moderation als nicht die allergrößten Cineasten dieser Welt herausstellten. (Das gilt ebenso und noch mehr für Maximilian Arnold, der vom Festival Partner VFL Wolfsburg als Schirmherr für das Nachwuchs-Festival im Herbst delegiert wurde.) Insofern war es beruhigend, dass der richtige Film den Preis des Abends gewann: die szenische, dramatische Kurzdokumentation 'En la Boca', die in ungeschminkten Bildern eine Familie porträtiert, die im Schatten des Boca-Juniors Stadions <em>La Bonbonera</em> versucht, sich mit dem unlizensierten Verkauf von Bier und echten und gefälschten Tickets über Wasser zu halten.</p>
<p>Am Ende eines <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/">Festivals</a> werden überhaupt gern Preise vergeben. So auch hier: Der Publikumspreis ging in einem Akt des Widerstands gegen die aktuellen Realitäten an einen Film über eine erfolgreiche Saison des 1. FC Köln ('Das Double 1977/78). 'Men in the Arena' von JR Biersmith ist ein passender Gewinner des Jury-Wettbewerbs dieser Ausgabe von 11mm - auch wenn dieser Wettbewerb ebenso wenig das A und O des Festivals ist, wie Tabellen und Pokale in wenigen seiner Filme im Mittelpunkt stehen. Aber der Film über Somalia, die Fußballer des ostafrikanischen Landes und vor allem die beiden jungen, hoffnungsvollen, aber situativ verzweifelten Spieler Sa'ad und Saadiq erzählt Geschichten die unter den (in Mogadischu und den anderen Orten Somalias allzu deutlichen) Zeichen von Zerstörung durch Krieg, Bürgerkrieg und <em>terreur</em> stehen, und damit eine der negativen Wendungen des Festival-Leitmotivs 'Fußball und Macht' aufzeigen. Der Film dokumentiert aber auch, wie Somalis in Sa'ads und Sadiqs Generation versuchen, ihr Land wieder aufzubauen.</p>
<p><a href="https://eiserneketten.de/posts/11mm/">Weiterlesen…</a> (5 min verbleiben zum Lesen)</p></div>
<figure><img src="https://eiserneketten.de/images/Men-in-the-arena_preview-crop-thumb.png"></figure> <div><div class="figure align-right">
<img alt="Peter" src="https://eiserneketten.de/images/Peter.jpg">
<p class="caption">Nationalspielerin und Jurymitglied Babett Peter, Photo: Stefanie Fiebrig</p>
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<p><em>Gestern Abend ging mit der traditionellen Kurzfilm-Kuration 'Shortkicks' die 15. Ausgabe des 11mm Fußball-Film-Festivals zu Ende. Wir werfen ein paar Schlaglichter darauf, was in den letzten Tagen im Kino Babylon zu sehen war.</em></p>
<p>Den Preis für den besten Kurzfilm des Abends verlieh eine Jury am Ende des Abends ungefähr im Modus des Eurovision Song Contest. Zu dieser Jury gehörten mit den den Fußballern Bernhard Dietz, Babett Peter und Mitchell Weiser auch Menschen, die sich dank einer launigen Moderation als nicht die allergrößten Cineasten dieser Welt herausstellten. (Das gilt ebenso und noch mehr für Maximilian Arnold, der vom Festival Partner VFL Wolfsburg als Schirmherr für das Nachwuchs-Festival im Herbst delegiert wurde.) Insofern war es beruhigend, dass der richtige Film den Preis des Abends gewann: die szenische, dramatische Kurzdokumentation 'En la Boca', die in ungeschminkten Bildern eine Familie porträtiert, die im Schatten des Boca-Juniors Stadions <em>La Bonbonera</em> versucht, sich mit dem unlizensierten Verkauf von Bier und echten und gefälschten Tickets über Wasser zu halten.</p>
<p>Am Ende eines <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/">Festivals</a> werden überhaupt gern Preise vergeben. So auch hier: Der Publikumspreis ging in einem Akt des Widerstands gegen die aktuellen Realitäten an einen Film über eine erfolgreiche Saison des 1. FC Köln ('Das Double 1977/78). 'Men in the Arena' von JR Biersmith ist ein passender Gewinner des Jury-Wettbewerbs dieser Ausgabe von 11mm - auch wenn dieser Wettbewerb ebenso wenig das A und O des Festivals ist, wie Tabellen und Pokale in wenigen seiner Filme im Mittelpunkt stehen. Aber der Film über Somalia, die Fußballer des ostafrikanischen Landes und vor allem die beiden jungen, hoffnungsvollen, aber situativ verzweifelten Spieler Sa'ad und Saadiq erzählt Geschichten die unter den (in Mogadischu und den anderen Orten Somalias allzu deutlichen) Zeichen von Zerstörung durch Krieg, Bürgerkrieg und <em>terreur</em> stehen, und damit eine der negativen Wendungen des Festival-Leitmotivs 'Fußball und Macht' aufzeigen. Der Film dokumentiert aber auch, wie Somalis in Sa'ads und Sadiqs Generation versuchen, ihr Land wieder aufzubauen.</p>
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<p>Wie groß diese Aufgabe ist, zeigt schon die Manifestation der sprichwörtlichen 'Arena' im Titel. Das National-Stadion in Mogadischu ist seit Jahrzehnten nicht mehr die Arena für Fußball, sondern war in dieser Zeit Schauplatz von Gräueltaten und einer der umkämpften Orte zwischen der theokratischen Miliz Al-Shabaab und afrikanischen Befreiungstruppen. Eines der Tore des Stadions steht, durchrostet, gerade noch so, als zwei der Nationalspieler es besuchen. Angesichts riesiger Krater in der Fassade des Stadions erscheint eine Renovierung zu diesem Zeitpunkt in weiter Ferne zu liegen. Inzwischen gab es darüber zwar Vereinbarungen mit China und Fortschritte. Ein Länderspiel Somalias im Land selbst dagegen nicht.</p>
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<img alt="Men in the Arena Poster" src="https://eiserneketten.de/images/Men-in-the-arena_preview-crop.png">
<p class="caption">Das Nationalstadium in Mogadischu auf dem Poster des Films</p>
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<p>Es gibt viele schreckliche Momente in den letzten Dekaden in Somalia, aber vielleicht keine der in 'Men in the Arena' erwähnten ist so herzzerreißend wie eine Szene, in der Sa'ad, der für eine der höchstens semi-professionellen Mannschaften in Somalia spielt, zuerst bekundet, wie sehr er seine Mutter für die Opfer liebt, die sie für ihn gebracht hat. Und in der seine Mutter dann sagt, früher habe ihr Sohn Reis und Mehl mitgebracht, wenn er aus der Hauptstadt zurück in ihr Dorf kam: "Jetzt bringt er nichts mehr. 20 Dollar im Monat. Aber 20 Dollar sind nichts."</p>
<p>Dass der Film trotzdem auch eine hoffnungsvolle Seite hat ist bemerkenswert. Dank der Bemühungen eines Freundes, dem in den USA Asyl gewährt wurde, bekommt Saadiq eine Chance, zuerst an einer Uni in Florida und dann der Akademie des MLS Clubs FC Dallas vorzuspielen - YouTube Highlight Clips sind also doch manchmal für wirklich gute Dinge nützlich. 'Men in the Arena' lässt weder daran, wie groß die Erleichterung ist, die diese Chance bedeutet, einen Zweifel, noch daran, wie viel Arbeit und Entbehrung es dazu in der Vergangenheit und Gegenwart der Protagonisten braucht.</p>
<p>Wie viele der Filme des Festivals ist auch dieser davon geprägt, dass sich die Filmemacher auf die eine oder andere Weise stark mit ihren Protagonisten identifizieren. Das ist kein unparteiischer Journalismus, aber Stoff für starkes Kino.</p>
<div class="section" id="viele-filme">
<h2>Viele Filme</h2>
<p>Aber nicht alle Filme, für die das gilt, und nicht alle Geschichten, die sie erzählen, sind gleich universell und gleich tief. Dass es in Delmenhorst einmal höherklassigen Fußball gab, dann nicht mehr, und jetzt vielleicht wieder, ist eine schöne Episode, aber keine, die außerhalb der 80.000-Einwohner-Stadt notwendiger Weise hohe Wellen schlagen wird. Aber auch das ist okay, denn zum einen ist das eben ihr Horizont, zum anderen bietet sie durchaus Identifikations-Potential.</p>
<p>Nah an den Protagonisten zu sein kann von Filmemachern auch Kompromisse zwischen Zugang zu diesen Protagonisten und Bandbreite des in-welcher-Weise-auch-immer möglichen Fragen- oder Meinungsspektrums schaffen. In ganz unterschiedlicher Art zeigen dass etwa 'Kenny' und 'ultrAslan'. Ersterer Film ist eine Biographie eines der besten wenigstens britischen Fußballers je, Kenny Dalglish, dessen Karriere und Leben zugleich unter dem Schatten von so viel Tragik und Leid lag wie die kaum eines anderen Weltklasse-Fußballers. Unfassbar deutlich, aber weitgehend unausgesprochen steht im Raum, wie sehr die Stadionkatastrophen von Heysel und vor allem Hillsborough Dalglish prägen und belasten.</p>
<p>Dagegen gewähren in 'ultrAslan' die deutschen 'Divisionen' einer Ultragruppierung von Galatasaray überraschend weitreichende Einblicke in ihre Organisation und Gedankenwelt, allerdings unter der Voraussetzung an den Regisseur, das Produkt von ihren 'Generälen' autorisieren zu lassen. Das verhindert nicht, dass auch Konflikte zwischen dem Regisseur und Interviewer Ümit Uludag offenkundig werden. Aber es prägt den Film im doppelten Sinn unausweichlich: Es muss einen Einfluss auf dramaturgische und inhaltliche Entscheidungen haben, macht den Film in seiner Konzeption aber wohl auch überhaupt erst möglich. Die angesprochenen Konflikte drehen sich in erster Linie um die jeweilige Interpretation davon, was es heißt, mit türkischen Wurzeln in Deutschland zu leben, die die Menschen auf beiden Seiten der Kamera wählen. Die Misogynie der Gruppe kam dagegen nicht im Film, sondern erst in der Paneldiskussion im Anschluss daran zur Sprache.</p>
<p>Große Nähe zu den gezeigten Menschen und Migration definieren filmisch und thematisch auch den brasilianischen Kurzfilm 'A Copa dos Refugiados,' der allerdings in gänzlich anderer Tonlage Geflüchtete porträtiert, die unter anderem in einem Fußballturnier der Gesellschaft, in der sie neuerdings leben, ihre geteilte Menschlichkeit demonstrieren wollen.</p>
<p>Ein nicht-ganz uninteressanter Beitrag im Genre Mannschaftsporträt mit Spielszenen und pieces-to-camera ist Triumph. Am Beispiel der Albanischen Mannschaft, die sich als erste ihres Landes für ein großes Turnier (die EM in Frankreich 2016) qualifizierte, stellt 'Triumph' Fragen über nationale Identität, die sich an der weit in die Diaspora verstreuten Albanischen Mannschaft sehr deutlich hervortun.</p>
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<div class="section" id="szene-des-festivals">
<h2>Szene des Festivals</h2>
<p>In diesem - selbstverständlich sehr unvollständigen - Überblick fehlt nun noch ein Kleinod, wie man es bei 11mm immer wieder findet, und vielleicht auch nur dort. 'Die Spartaner' waren eine Sportgruppe in den dreißiger Jahren, die den Nazis nicht näher standen, als die Gleichschaltung es verlangte. Der Gründer der Gruppe, Ernst Fuhry, drehte in dieser Zeit den angeblich ersten deutschen Fußball-Lehrfilm, dessen Rollen er während des Kriegs in einem Garten vergrub. Diese Rollen sind inzwischen in Besitz des Regisseurs des Kurzfilms, Frank Toebs, und kommen in diesem Ausschnittsweise vor. Ausschnitte, die durchaus neugierig auf das komplette Material machen, nicht zuletzt um zu erfahren, wie man lernt, mit dem Außenrist beider Füße im Wechsel zu jonglieren.</p>
<p>PS: Rezensionen zu <a class="reference external" href="http://www.textilvergehen.de/2018/03/24/hoffnung-zu-haben-ist-der-grund-noch-filme-zu-machen/">Yesil Kirmizi</a> und <a class="reference external" href="http://www.textilvergehen.de/2018/03/23/sklaverei-so-kann-man-es-nennen/">The Workers Cup</a> sind bereits im <a class="reference external" href="http://www.textilvergehen.de/">Textilvergehen</a> erschienen.</p>
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Am Ende doch Fußball
https://eiserneketten.de/posts/am-ende-doch-fussball/
2017-04-02T22:57:56+02:00
2017-04-02T22:57:56+02:00
Daniel Roßbach
<figure><img src="https://eiserneketten.de/images/20170331_11mm_Daniel_0017_450.jpg"></figure> <div><p><em>Bevor das Festival heute Abend mit einem Kurzfilm Abend zu Ende geht resümieren wir unsere Eindrücke von der 14. Ausgaben von 11mm.</em></p>
<p>Beim 11mm Filmfestival gibt es viele Perspektiven auf sehr unterschiedlichen Fußball zu sehen. Von Filmen, in denen kein einziger Ball zu sehen ist bis zu solchen, die ausschließlich Geschehen auf dem Feld zeigen; von Portraits zu Mannschaften am unteren Ende der Ligapyramide, die auf 'Asche' spielen zu solchen der besten der Geschichte in den größten Stadien; von Filmen, die von den schweren, alltäglichen Problemen erzählen, die Kinder mit migrantischem Hintergrund in Brüssel haben bis zu Werbe- und <a class="reference external" href="http://120minuten.net/moralitaet-des-fussballkonsums/">Propagandaproduktionen</a> des modernen Fußballs.</p>
<p>Trotz dieser disparaten Zugänge zu Themen auf allen Seiten des Balles, und auch wenn in vielen der Filme, die in den letzten Tagen im Babylon Kino zu sehen waren, auch und vor allem Geschichten über etwas anderes als Fußball erzählt werden - was Menschen in allen Kontexten bewegen kann ist am Ende doch Fußball.</p>
<p><a href="https://eiserneketten.de/posts/am-ende-doch-fussball/">Weiterlesen…</a> (8 min verbleiben zum Lesen)</p></div>
<figure><img src="https://eiserneketten.de/images/20170331_11mm_Daniel_0017_450.jpg"></figure> <div><p><em>Bevor das Festival heute Abend mit einem Kurzfilm Abend zu Ende geht resümieren wir unsere Eindrücke von der 14. Ausgaben von 11mm.</em></p>
<p>Beim 11mm Filmfestival gibt es viele Perspektiven auf sehr unterschiedlichen Fußball zu sehen. Von Filmen, in denen kein einziger Ball zu sehen ist bis zu solchen, die ausschließlich Geschehen auf dem Feld zeigen; von Portraits zu Mannschaften am unteren Ende der Ligapyramide, die auf 'Asche' spielen zu solchen der besten der Geschichte in den größten Stadien; von Filmen, die von den schweren, alltäglichen Problemen erzählen, die Kinder mit migrantischem Hintergrund in Brüssel haben bis zu Werbe- und <a class="reference external" href="http://120minuten.net/moralitaet-des-fussballkonsums/">Propagandaproduktionen</a> des modernen Fußballs.</p>
<p>Trotz dieser disparaten Zugänge zu Themen auf allen Seiten des Balles, und auch wenn in vielen der Filme, die in den letzten Tagen im Babylon Kino zu sehen waren, auch und vor allem Geschichten über etwas anderes als Fußball erzählt werden - was Menschen in allen Kontexten bewegen kann ist am Ende doch Fußball.</p>
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<div class="section" id="fuszball-ist-irgendwie-wichtig">
<h2>Fußball ist irgendwie wichtig</h2>
<p>Wie <em>L'Etranger</em> (mehr dazu später) ist auch <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/filme-a-z/item/855-refugee-11">Refugee 11</a> nicht nur ein Portrait eines sehr begrüßenswerten Unterfangens - dem Versuch einer Sozialarbeiterin, eines Fußballvereins und einer Gruppe von Geflüchteten eine Mannschaft zu formen, die deutsche Gesellschaft und Neuankömmlinge miteinander integriert. Es ist auch ein gelungener Film, der seinen Subjekten nah genug kommt, ihr Handeln mit der Kamera (augenscheinlich) nicht zu verfälschen.</p>
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<img alt="XI" src="https://eiserneketten.de/images/refugeexi600.jpg">
<p class="caption">Die Mannschaft, im Vordergrund Abu, dessen Trauma und Suche nach einer annehmbaren Bleibe der Film zeigt. Er läuft am 18. Mai im WDR. Photo mit freundlicher Genehmigung von Stefanie Fiebrig</p>
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<p>Der Film zeigt die Beweggründe und das Erlebte der Spieler, ohne es in einer Form nachzuerzählen, die allzu leicht ins pathetische und zweifelhaftes generalisieren kippen (auch dazu später mehr). In Abus Panik vor ungeordneten Verhältnissen, seinem starken Drang dazu, seine Umgebung sauber zu halten wird ein Trauma angedeutet, das später in einem der Monologe in die Kamera und einer Szene, in der er sich trotz psychischer Probleme und einer (wie sich zeigt, langwierigen) Verletzung zum Training schleppt.</p>
<p>In dieser Szene zeigt sich auch, dass Fußball wichtig für diese Menschen ist. Weil das auch daran liegt, dass das Leben in Deutschland einigen von ihnen nicht viele andere echte soziale Interaktion bietet, ist diese Einsicht die Quelle nicht nur von Respekt für diejenigen, die das Projekt tragen, sondern auch einer gewissen Traurigkeit.</p>
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<img alt="Denald" src="https://eiserneketten.de/images/denald600.jpg">
<p class="caption">Denald, der impulsive albanische Offensivspieler der Mannschaft, der am Tag nach der Vorstellung zurück nach Albanien fuhr, in der Hoffnung, avec-papiers zurück kommen zu können. Photo mit freundlicher Genehmigung von Stefanie Fiebrig</p>
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<p>Die Probleme, die Fußball für die Spieler der Vierten des SC Germania Erftstadt-Lechenich für eine Weile beiseite schiebt, sind so privat wie politisch. Bürgerkrieg, zerfallende staatliche Strukturen und ökonomische Perspektivlosigkeit sind öffentlich verhandelbare Desaster, deren konkrete Folgen in einem Film wie diesem greifbar werden, in den Schicksalen, die er zeigt - die jener, die einen mörderischen Weg anders als viele Tausende anderer überlebt haben. Aus diesen Tragödien im Leben und im Film ein optimistisches Projekt gemacht zu haben ist das Verdienst der Realitäts- und Filmschaffenden.</p>
</div>
<div class="section" id="ausrutscher">
<h2>Ausrutscher</h2>
<p>In einem ansonsten spektakulär schlechten und abstrus-unfreiwilligem Film wie <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/filme-a-z/item/870-barca-dreams">Barça Dreams</a> sind es Szenen des Kombinationsspiels zwischen Busquets, Xavi, Iniesta und Messi die Publikum zu fasziniertem Seufzen bewegt. Die Reaktionen, die dieser Film mit dem, was er um die Spielszenen herum zeigt, hervorruft sind amüsiertes Kopfschütteln und fassungsloses Gelächter etwa über die Montagen eines Vulkanausbruchs, hin- und hergeschnitten mit den Bengalos von Problemfans in den 90ern, oder, sagen wir, nicht besonders subtile Karikaturen von José Mourinho und Mino Raiola in gescheiterten Vertragsverhandlungen.</p>
<p>Problematischer als die handwerklichen Schwächen dieser FC Barcelona Eigenproduktion sind dabei die Weise, in der die Abgründe des modernen Profifußballs nicht nur nicht gezeigt, sondern auch verherrlicht werden. Bestes Beispiel hierfür sind die globalen Talentrekrutierungsmaßnahmen des Vereins, die anders als im Film dargestellt nicht nur dazu dienen, die wunderschöne Spielidee des Weltvereins aus Katalonien noch mehr jungen Fußballerinnen nahe zu bringen, sondern auch Prozesse anstoßen, die nicht nur solche 13-jährigen, aus denen die besten Spieler aller Zeiten werden, durch die halbe Welt verfrachtet.</p>
<p>In einem voice-over, das demonstriert, warum die Begriffe pathein, Pathos und pathetic doch etwas miteinander zu tun haben, ist für die Korrektur der survivor bias selbstredend kein Platz.</p>
<p><em>Seguís berühmtestes Photo von Cruyff ist das imposanteste Bild der Lichtgestalt überhaupt, es zeigt ein legendäres, mit der Hacke in phänomenaler Höhe erzieltes Tor gegen Atletico Madrid. Um es im Internet zu finden suche man nach 'Cruyff Impossible Goal'</em></p>
<p>Eine etwas gelungenere Variante eines ähnlichen Films, allerdings beschränkt auf Johan Cruyff, ist <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/filme-a-z/item/882-johan-cruyff-en-un-momento-dado">En un momento dado</a>, eine etwas hagiographische Dokumentation von Cruyffs Schaffen von 2004, die im Vergleich davon profitiert, immerhin mit echten Menschen - unter anderen Emilio Butragueno und Cruyff selbst - gestellte Gespräche zu führen. Sehenswert ist der Kurzfilm <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/filme-a-z/item/883-horacio-johan">Horacio & Johan,</a> der aus Photographien des langjährigen Hausphotographen des FC Barcelona, Horacio Seguí, besteht. Das Voice-over dazu, das sich zu dem Epithet 'humble' für Cruyff versteigt, muss man für einige schöne Aufnahmen tolerieren.</p>
</div>
<div class="section" id="duu-duu-dudu-duuu">
<h2>Düü-düü-düdü-düüü...</h2>
<p>Eine kritische Perspektive vermisst der (nicht in eine bestimmte Richtung) geneigte Zuschauer auch in <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/filme-a-z/item/867-das-ist-unser-leben">Das ist unser Leben</a>, einer Dokumentation der letztjährigen Aufstiegssaison der SG Dynamo Dresden, in der Uwe Neuhaus und seine Hunde, Sportdirektor Ralf Minge, einige Spieler - aber nicht der Favorit dieser Seiten, Niklas Hauptmann - und Ultra-Vorsinger 'Lehmi' als Protagonisten zu sehen sind.</p>
<p>Erinnerungswürdig in einem anderweitig recht konventionellen Film des Genres <em>Sommermärchen</em> von Steffen Kuttner sind zum einen die Darstellung des immensen [spektakulär und grandios fehlgeleitetem] Aufwandes, mit dem einige Fanatiker des Vereins eine Fahne nähten, bemalten, falteten, in langen Menschenketten umher trugen und letztlich drapierten, die beim Spiel gegen Magdeburg fast alle Ränge des Stadions bedeckte.</p>
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<img alt="Dresdenfahne" src="https://eiserneketten.de/images/dresdenfahne-Thomas_Eisenhuth-Bongarts-GettyImages.jpg">
<p class="caption">Eine Hälfte der Fahne der Dresdner Ultras. Photo: © Thomas Eisenhuth/Bongarts/GettyImages</p>
</div>
<p>Dass es, trotz des imposanten Ergebnisses, nicht nur kurios verrückt, sondern auch schuldhaft fehlgeleitet erscheint, jahrelange Arbeit in diese Choreographie zu investieren, liegt auch und vor allem daran, dass es nun mal um Dresden geht und um ein Stadion, in dem einen Teil der Fläche, den die gut 400 Meter lange Stoffbahn überdeckt, seit Jahren regelmäßig ein 'Lügenpresse' Banner einnimmt.</p>
<p>Zum anderen eine Szene, in der vor dem letzten Heimspiel der Saison Innenverteidiger und Kapitän Michael Hefele in Lederhosen und 'Aufsteiger' T-Shirt am Herd steht, mit dem Nudeltopf als Pokalattrappe für die Aufstiegsfeier probt und schließlich, beim Gedanken an seinen bevorstehenden Wechsel zu Huddersfield Town AFC, zu weinen beginnt: "Eigentlich will ich gar nicht fahren." Wie Hefele, aktuell mit Huddersfield und David Wagner auf Kurs in die play-offs zum Aufstieg in die Premier League, das mittlerweile sieht, ist nicht überliefert.</p>
<p>Auch in diesem Film gibt es mindestens eine Fußball-Fußballszene, die auf der großen (wenn auch, da der Film in einem der kleinen Säle lief, nicht der ganz großen) Leinwand den Kontext des Begleitfilms transzendiert: als es Dynamo in vielen Versuchen im Strafraum und im Fünfmeterraum nicht gelingt, den Ball zur Besiegelung des Aufstiegs im Tor unterzubringen.</p>
<p>Im Allgemeinen ist die Kinoleinwand ein exzellentes Medium, um Fußball zu schauen. Dass ausgerechnet der Versuch, das zum Merseyside Derby zu tun, an der Technik von Datzn scheiterte, ist ärgerlich.</p>
</div>
<div class="section" id="km-jede-woche">
<h2>600km. Jede Woche.</h2>
<p>Eine Kontrastfolie zu Dresden in Bezug darauf, wie prominent die Rolle sozialer Verantwortung in einem Fußballverein sein kann, liefert der Brüsseler Verein BX, den Vincent Kompany in den Teilen von Brüssel, in denen er aufwuchs und in denen jedes Dritte Kind unterhalb der Armutsgrenze lebt, mit angestoßen hat um, wie Regisseur Michiels sagt, "Kindern in diesen schwierigen Vierteln Chancen zu geben." Der Verein ist die Plattform der Protagonisten des Films <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/filme-a-z/item/863-l-etranger">L'Etranger</a>: Moussa Cissokho, der mit seiner Frau Barbara aus dem Senegal in ihre belgische Heimat gezogen ist, und seine U14, die er bei <a class="reference external" href="https://twitter.com/BXBrussels/">BX</a> trainiert.</p>
<div class="figure">
<img alt="Kenneth Moussa" src="https://eiserneketten.de/images/kenneth_moussa2600.jpg">
<p class="caption">Kenneth und Moussa, Regisseur und Protagonist von L'Etranger. Photo mit freundlicher Genehmigung von Stefanie Fiebrig</p>
</div>
<p>Er tut das, obwohl er in Brugge, 100km von Brüssel entfernt, lebt, also für Trainings und Spiele jede Woche 600km zurücklegt. Die Leidenschaft, die daraus spricht, ist auch seinem Umgang mit den Spielern in jedem Moment des Films von Kenneth Michiels anzumerken. Der Regisseur, der Moussa zu BX gebracht hat, beschreibt das Ziel des Vereins als den Versuch, "die Spieler nicht nur als Fußballer, sondern für ihre Zukunft insgesamt zu stärken. Dazu konzentrieren sie sich auf Teamgeist und Respekt füreinander, aber auch auf etwaige Probleme in ihren Familien und der Schule oder Geldsorgen." <em>L'Etranger</em> zeigt, wie Cissokho sich darum bemüht, gemeinsame Erlebnisse mit seinen Spielern zu finden und so sie in die Mannschaft und sich in eine neue Umwelt zu integrieren. Geschichten wie die eines der Jungen, der von einer Gang gewaltsam erpresst wird, sich ihr anzuschließen, und, wie der Abspann berichtet, nach Ende des Films "die Schule verließ und zurück nach Ecuador geht" werden eindringlich in Gesprächen und dem Spiegel der Spiele, die für die Mannschaft sportlich immer besser ausgehen, erzählt.</p>
</div>
<div class="section" id="film-des-festivals">
<h2>Film des Festivals</h2>
<p>Kein Film. Sondern die <a class="reference external" href="http://www.11-mm.de/index.php/de/festival/lesung">Lesung</a> von <a class="reference external" href="https://twitter.com/collinisue">Mirco</a> aus seinem Blog <a class="reference external" href="http://www.wochenendrebell.de/">Wochenendrebell</a>, in dem er von einer Groundhopping Tour mit seinem autistischen <a class="reference external" href="https://twitter.com/wochenendrebell">Sohn</a> berichtet. Schöne, gute Text über ein wunderbares Projekt.</p>
<div class="figure">
<img alt="Wochenendrebell" src="https://eiserneketten.de/images/wochenendrebell600.jpg">
<p class="caption">Den Blog Wochenendrebell gibt es seit einem Jahr auch als <a class="reference external" href="http://www.wochenendrebell.de/feed/podcast/">Podcast</a>. Photo mit freundlicher Genehmigung von Stefanie Fiebrig</p>
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</div></div>
Charaktere
https://eiserneketten.de/posts/charaktere/
2017-03-31T00:08:59+02:00
2017-03-31T00:08:59+02:00
Daniel Roßbach
<figure><img src="https://eiserneketten.de/images/11mm_heimir_interview_klein.jpg"></figure> <div><p><em>Am Abend begann im Babylon Mitte das 14. 11mm Fußball Filmfestival mit 'Inside a Volcano,' einer Nahbetrachtung des erfolgreichen isländischen Fußballs. In seiner Eigenschaft als führendes Medium für Fußballkultur berichtet Eiserne Ketten.</em></p>
<p><a href="https://eiserneketten.de/posts/charaktere/">Weiterlesen…</a> (5 min verbleiben zum Lesen)</p></div>
<figure><img src="https://eiserneketten.de/images/11mm_heimir_interview_klein.jpg"></figure> <div><p><em>Am Abend begann im Babylon Mitte das 14. 11mm Fußball Filmfestival mit 'Inside a Volcano,' einer Nahbetrachtung des erfolgreichen isländischen Fußballs. In seiner Eigenschaft als führendes Medium für Fußballkultur berichtet Eiserne Ketten.</em></p>
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<p>In einer Fußballwelt, die allzu oft ebenso sehr aus den Fugen geraten zu sein scheint wie das echte Leben um sie herum, war die Erfolgsgeschichte des isländischen Fußballs eine willkommene <em>feel good story</em>. Diese Geschichte, die schon mit der knapp verpassten WM-Qualifikation 2014 begann, und in einem Sieg gegen England im EM-Achtelfinale ihren Höhepunkt erreichte, erzählt Saevar Gudmundsson in seinem Film <em>Inside a Volcano</em> (og. Jökullinn logar, Gletscher in Flammen), der am Donnerstagabend das 11mm Festival eröffnete.</p>
<div class="section" id="embedded">
<h2>Embedded</h2>
<p>Über zwei Jahre, vom Beginn der Qualifikationsrunde bis zu dem Unentschieden gegen Kasachstan, mit dem Island sich zwei Spieltage vor deren Ende qualifizierte, begleiteten Gudmundsson und sein Team die Mannschaft und den Betreuerstab um die Trainer Lars Lagerbäck und Heimir Hallgrímsson - letzterer hat inzwischen die alleinige Verantwortung übernommen und war bei der Festivalaufführung des Films ebenso anwesend wie Gudmundsson und der isländische Botschafter Martin Eyjólfsson, der einst gemeinsam mit Hallgrímsson in der ersten isländischen Liga Fußball spielte.</p>
<div class="figure">
<img alt="gudmundsson" src="https://eiserneketten.de/images/11mm_gudmundsson600.jpg">
<p class="caption">Regisseur Saevar Gudmundsson. Photo: Stefanie Fiebrig</p>
</div>
<p>Der Film begleitet die Mannschaft <em>embedded</em> - zum Teil wörtlich - in Kabinen und Hotels, bei taktischen Besprechungen und Trainings und zeigt natürlich auch entscheidende Momente in Spielen wie einem Sieg gegen die Niederlande in Amsterdam. Die Dynamik des Erfolgs und der sympathischen Ausstrahlung des kleinsten Landes, das sich je für eine Endrunde qualifizieren konnte, ist ansteckend und lässt einem kaum eine andere Wahl, als mit der Mannschaft zu fiebern. Oder vielmehr, sich mit ihr zu freuen, denn wenn der Film eine dramaturgische Schwäche hat, dann liegt diese darin, dass es auf Islands Weg zur Europameisterschaft kaum Rückschläge gibt, die wesentliche Spannung aufbauen würden.</p>
<blockquote>
<p>It's easy to look for speed and technique. For me, the most important thing is the will to work harder than others.</p>
<p>Heimir Hallgrímsson</p>
</blockquote>
<p>Wie nah die Filmcrew an und mit der Mannschaft arbeitet ist prägend für den Film und sorgt für große Identifikation zwischen beiden Seiten - eine so enge Verbindung, dass Gudmundsson sich bei der Entscheidung, nicht auch während der Endrunde in Frankreich dabei sein zu können, fühlte, als sei er aus dem Kader gestrichen worden. Doch während diese Nähe interessante Einblicke ermöglicht, führt sie auch dazu dass, wie Gudmundsson im Interview sagte, der Erfolg des Teams und des filmischen Projekts "beinahe in eins verschmolzen". Ähnlich geht es auch der Zuschauerin, die sich zwar sehr wohl mit den Protagonisten identifizieren kann, auf Brechungen, die den Beobachter in eine etwas distanzierte Perspektive des Geschehens brächten, aber vergeblich warten wird.</p>
<div class="figure">
<img alt="Heimir" src="https://eiserneketten.de/images/11mm_heimir_interview600.jpg">
<p class="caption">Islands Nationaltrainer Heimir Hallgrímsson im Interview. Photo: Stefanie Fiebrig</p>
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<p>Interessant ist der Film trotzdem, weil er schöne Charakterstudien seiner Protagonisten liefert. 'Charakter' ist auch der Begriff, den sowohl Trainer Hallgrímsson als auch Regisseur Gudmundsson hauptsächlich verwenden, um den isländischen Erfolg zu erklären. In Golfspielen auf Hotelfluren ist zu sehen, wie wenig die Spieler um Gylfi Sigurðsson verlieren wollen.</p>
<p>Und obwohl die steile Entwicklung des isländischen Fußballs oft vor allem modernen Trainingsmöglichkeiten zugeschrieben wird, die es erlauben, über das ganze Jahr Fußball zu spielen und so höheres technisches Niveau zu erreichen, antwortet Hallgrímsson auf die Frage, was die wichtigste Qualität in der systematischen Talentsuche und -entwicklung sei mit dem Plädoyer, dass während "alle auf Geschwindigkeit und Technik achten, wir in Island Charaktere finden müssen, Jungen und Mädchen, die hart an sich arbeiten wollen - denn das sind jene, die am Ende überleben werden."</p>
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<p>There're a lot of advantages in being a small country</p>
<p>Heimir Hallgrímsson</p>
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<p>Damit ist offensichtlich nicht gemeint, dass fußballerische Ausbildung auf hohem inhaltlichen Niveau nicht ebenfalls von grundlegender Bedeutung und notwendig ist. Die beiden Faktoren, die Islands Talentförderung von der anderer Länder abheben, sind erstens, wie früh Kinder fokussiert trainiert werden (schon mit 4 oder 5 Jahren); und zweitens, dass dies mit vielen gut ausgebildeten Trainern geschieht. In zweifacher Weise kommt den Skandinaviern dabei zu Gute, dass es klein und kompakt ist: "Wir können allen Angebote machen," sagt Hallgrímsson, "egal wo sie wohnen. Auch in kleinen Städten gibt es gute Plätze und gute Trainer." Darüber hinaus ist der Prozess, in dem Talente gefunden und ausgebildet werden, an einem Ort wie Island paradoxerweise fehlertoleranter: "Wir verlieren Spieler nicht - in einem so kleinen Land kann man ihre Entwicklung beobachten. Auch Spätzünder müssen spielen - wir können uns nicht erlauben, sie zu verlieren, also tun wir es nicht."</p>
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<img alt="Clap" src="https://eiserneketten.de/images/11mm_heimir_clap600.jpg">
<p class="caption">"We'll do it, but only once, because we are really sick of it." Photo: Stefanie Fiebrig</p>
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<p>In Filmprojekten wie diesen (oder vielleicht allen anderen) stellt sich ein entgegengesetztes Problem: viel zu viel Material (hier: ca. 200h Film) müssen in 90 Minuten komprimiert werden und darin eine Geschichte erzählen. Den Prozess, aus einem ersten, viereinhalb Stunden langem Schnitt viele Charaktere herauszuschneiden, bezeichnet Gudmundsson als "seine Babys zu töten." Spannend ist dabei die Weise, in der künstlerische Entscheidungen offensichtlich dem selben Druck unterliegen, der auch die sonstige Berichterstattung über Fußball prägt und der etwa dazu führt, dass Verteidiger weniger Aufmerksamkeit bekommen als Angreifer. Weil Charaktere wie Sigurðsson, Kolbeinn Sigþórsson und Eiður Smári Guðjohnsen interessant genug sind, den Film zu tragen, stört das allerdings wenig. Gleiches gilt dafür, dass die euphorische Endrunde im Film nicht vorkommen kann - sie ist wohl frisch genug im Gedächtnis des Zuschauers, das Erlebnis des Films zu informieren, ohne zu sehen zu sein.</p>
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<h2>Szene des Films</h2>
<p>Nachdem sich Torwart Hannes Þór Halldórsson schwer an der Schulter verletzt hat, ist er zurück in der Klinik, in der deshalb operiert wurde. Während der Arzt Bilder der OP zeigt, sagt er mit minimaler Emotionalität: "Das sieht nicht gut aus."</p>
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