"Ehrlich gesagt scheiß egal"

Dresden-Union

Spieltag 34, 13. Mai 2018: SG Dynamo Dresden 0 - 1 Union. Die Aufstellungen zu Beginn: Union muss auf Dennis Daube verzichten und auf den fast aussortierten Marcel Hartel zurückgreifen, Hedlund wird Hosiner als Spitze vorgezogen, Kurzweg behält seinen Startelfplatz statt .

"Ehrlich gesagt ist mir das Spiel heute scheiß egal." Das waren die ersten Worte von Dynamos Trainer Uwe Neuhaus nach der Partie. Er meinte damit, dass ihm und seiner Mannschaft vor allem wichtig war, an diesem Tag nicht abzusteigen. Dass diese Maxime über allem stand, was Dynamo an diesem Tag spielte, war in den 90 Minuten ebenso deutlich, wie dass Union ohne den Druck der wirklichen Katastrophe am Ende einer 'katastrophalen Saison' (Toni Leistner) die Intensität fehlte, die noch das Spiel gegen Bochum geprägt hatte.

So entwickelte sich ein trotzdem durchaus lebhaftes Spiel, in dem aber keine der Mannschaften große - oder: irgendwelche - Risiken einging. Das wurde schnell zu einem Problem für Union, da der Plan der Mannschaft von André Hofschneider, wie Michael Parensen nach dem Spiel sagte, war, hohes Dresdner Aufbauspiel in Ballbesitz mit Bällen hinter die Abwehr zu bestrafen. Nur boten sich dafür kaum Gelegenheiten, denn Dresden verteidigte tief, oft sogar mit 631 Staffelungen und Peniel Mlapa als quasi-Außenverteidiger. Die Räume, in die Union Simon Hedlund, Akaki Gogia oder Kenny Prince Redondo schicken wollte, gab es also einfach nicht. Und dass es Union in dieser Saison schwer fällt, solche Passivität mit Kombinationen in und durch einen Abwehrblock aus zu hebeln, ist allzu gut bekannt.

In diesem Spiel war das Problem dabei weniger, dass Union seine Mittelfeldspieler nicht in anspielbare Positionen gebracht hätte. Sondern dass - wie Parensen ebenfalls eingestand - die Risikobereitschaft fehlte, progressive Pässe zu spielen und in der Zentrale Bälle nach vorn anzunehmen. Pässe direkt in die Spitze, wie Union sie auch flach zu spielen versuchte, benötigen weniger dieser Courage als solche in das zentrale offensive Mittelfeld, dass Hedlund und Hartel zu besetzen versuchten (aus dem sie aber auch immer wieder auswichen). Dass Union diese Courage zur Zeit nur noch selten aufbringen kann, hat übrigens auch mit dem schwächer gewordenen Gegenpressing zu tun. Denn eine der Funktionen dieses Pressings ist ja, dabei entstehende Ballverluste zu verteidigen oder sogar offensiv zu nutzen.

Von wenigen Momenten in der Anfangsphase, als Dynamo es noch mit Pressing versuchte, aber keinen Zugriff bekam, abgesehen, bekam Union also weder Druck noch Tempo in seine Angriffe. Es blieben Union nur die Diagonalbälle auf die Außen, allerdings eben nicht in freie Räume, sondern in statische Situationen, in denen die Außen sich selten durchsetzen konnten. Es war etwas ironisch, dass schließlich das Tor für Union erstens nach diesem Muster fiel, das Dynamo bis dahin fast immer gut verteidigt hatte, weil Mlapa einmal die Orientierung (an Pedersen) verlor. Umso mehr, da diese hohen Spielverlagerungen auf die Außen auch zu den Lieblings-Stilmitteln von Dresden gehören.

Unions offensive Probleme trugen dabei auch zu den defensiven Instabilitäten bei, die das ganze Spiel über bestanden. Weil sich Hartel (nach vorn) und Parensen (abkippend) oft aus dem Zentrum weg orientierten, entstanden dort große Räume. Die konnte Dresden zwar nicht effektiv direkt bespielen, aber sie trugen dazu bei, dass die langen Bälle der Sachsen gefährlich verarbeitet werden konnten, wenn die Achter Seguin und Benatelli (oder Linksverteidiger Heise) dort nachrücken konnten und sich für Ablagen anboten.

Ein weiterer Mechanismus, mit dem Dresden einige mal zu Gelegenheiten kam, war dass sich Duljevic auf Dresdens linkem Flügel mit dem Ball etwas fallen ließ und damit Christopher Trimmel aus seiner Position zog. Weil Duljevic dann einige Male 1-gegen-1 Situationen gewann und/oder Pässe in den Raum spielen konnte, den er selbst gerade frei gezogen hatte (und den Gogia in diesen Situationen nicht übernahm), kam Dresden zu einigen guten Ansätzen in dieser Zone. Zu mehr echter Gefährlichkeit fehlten dann entweder Bewegungen zum Abschluss oder genaue cut-back Pässe.

Hauptmann Love

Hauptmann Hosiner hinterher

Selbst Hauptmanns Kurzeinsatz zeigte seine Qualitäten. Dem Rückstand nach Philipp Hosiners Tor lief aber auch er vergebens hinterher. Photo: Football & Wildlife Media

Auf die Gefahr, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen: Dass Niklas Hauptmann nur gut 10 Minuten lang spielen konnte, hatte großen Einfluss auf dieses Spiel. Der Mittelfeldspieler konnte mit Schambein-Problemen Uwe Neuhaus zu Folge in den letzten drei Wochen nur dreimal trainieren. Deshalb war unsicher, ob er überhaupt in vollem Tempo würde spielen können, und dann auch nur für eine Viertelstunde.

In dieser Viertelstunde zeigte Hauptmann, warum er ein Lieblingsspieler dieses Blogs ist und hatte mehrere gute Szenen, in denen er seine Pressingresistenz und Übersicht für öffnende Pässe zeigte. Gegen Ende hätte beides fast für den Ausgleich gesorgt.

Szene des Spiels

Das spielentscheidende Tor, bei dem Unions Offensivplan einmal (lies: oft genug?) funktionierte, Pedersen den Ball sehr schön in die Mitte legte und seine Qualität zeigte - und Philipp Hosiner eins seiner in dieser "verkorksten Saison" (Hosiner) zu seltenen Tore machte. Dafür, dass das in der kommenden Saison häufiger passiert, will Hosiner eine genauso gute Sommervorbereitung wie die letzte spielen (wer darin Kritik an seinen Einsatzzeiten am Beginn der Saison sehen will: nur zu.)

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