Ernüchterung

Union verliert mit seiner schwächsten Leistung der Saison 1-0 in Kaiserslautern.

Am Samstag Mittag sah ich ein Auswärtsspiel im Südwesten, dass die Mannschaft trotz Rückstandes dank einer guten Leistung, durch die sie sich viele Torchancen erspielte, mit 2-1 gewann. Die Begegnung zwischen 'Lautern und Union, die ich mir im Anschluss an das Spiel meiner D-Jugend ansah, machte aber deutlich weniger Spaß.

Grundausrichtung

Union

Die Frage, die "die Nation in Köpenick bewegte," beantwortete Jens Keller mit Roberto Puncec als Rechtsverteidiger.

Trotz des Ausfalls des letzten Rechtsverteidigers, dem Jens Keller Einsätze in der zweiten Liga zutraut, blieb es beim 433 System. Eine Umstellung auf eine Dreierkette, in der die aufgebotenen Innenverteidiger auf ihrer eigentlichen Position zum Einsatz kämen, hatte Keller schon im Vorfeld der Partie ausgeschlossen. Das heißt, dass Keller den Gewinn an Qualität in Abwägung mit den Nachteilen einer Umstellung für nicht groß genug hält - was für Christopher Quiring, für den eine Rolle als rechter wing back prädestiniert scheinen könnte, nur weitere schlechte Nachrichten bedeutet.

Expected goals Union-FCK

Die Expected Goals Karte - vom exzellenten Statistikblog 11tegen11. Dickere Punkte markieren bessere Chancen, jeder Punkt stellt einen Schuss von dieser Position dar. Union hatte keinen einzigen Abschluss mit einer größeren Tor-Chance als 10%.

So traf man auf eine Pfälzer Mannschaft, die sich gegen den Ball meist in einem 442 formierte, um in Ballbesitz schnell Osawe in der Spitze zu suchen und das in einer Raute angeordnete Mittelfeld überbrückte.

Unions Plan

Vor allem angesichts der Besetzung wirkte das Konzept, das Union in diesem Spiel umsetzte, wenig überzeugend. Obwohl Kaiserslautern nicht aktiv presste, ließ sich Stephan Fürstner auch in diesem Spiel immer wieder zwischen oder neben die Innenverteidiger fallen. Von dort eröffnete er das Spiel in sehr vielen Situationen mit Diagonalbällen ins zweite Drittel auf die dorthin aufgerückten Außenverteidiger. Da mit Puncec auf einer Seite ein offensichtlich offensiv limitierter Spieler aufgeboten wurde führte zu einem so folgerichtigem wie vorhersehbarem Fokus auf Pederesens linke Seite.

Diese Diagonalbälle erschließen zwar Räume, und zwar umso größere, je mehr sie das Spiel verlagern und der Gegner horizontal verschiebt. Aber mit ihnen nähert sich das Spiel am wenigsten dem gegnerischen Tor. Das ist eine Konstellation, die sich durch Packing Statistiken gut ausdrücken ließe. Der Grund dafür, dass diese Bälle verfügbar waren, war so der gleiche wie dafür, dass wenig gefährliche Aktionen aus ihnen entstanden: das eher eng aufgestellte Mittelfeld Kaiserslauterns ließe die Flügel im Mittelfeld offen, stand nachdem sie angespielt wurden aber immer noch im Weg in Richtung des Tores der Heimmannschaft. Dass Pedersen mit einigen guten Aktionen trotzdem Durchbrüche schaffte, bedeutet nicht, dass die Strategie, sich auf diese Momente zu konzentrieren, sinnvoll war.

Pässe UNION-fck

Diese Graphik, ebenfalls von 11tegen11, repräsentiert die Pässe zwischen Union Spielern - je dicker der Strich, desto mehr Pässe. Das beschriebene Muster ist klar, genauso wie das dadurch entstehende Problem. Kein Offensivspieler hatte Präsenz, und vor allem fehlte es vollkommen an Verbindung zwischen ihnen, der nicht vorhandene Link zwischen Kroos und Kreilach insbesondere ist skandalös.

Neben der begrenzten direkten offensiven Erfolgschance bekam Union in diesen Situationen, in denen die Außenverteidiger und Flügelspieler Bälle verloren, außerdem praktisch keinen Zugriff im Gegenpressing, wodurch die offensive Durchschlagskraft weiter sank. Angesichts dessen war Lauterns Umstellung auf eine flache Viererkette im Mittelfeld vielleicht weniger zwingend, als Tayfun Korkut nach dem Spiel sagte.

Die Probleme Unions wurden noch verschärft durch die Wechselwirkungen mit dem zentralen Mittelfeld, das über weite Strecken in Ballbesitz von Damir Kreilach und Felix Kroos allein besetzt wurde. Sie hatten - wie schon so oft, wenn Fürstner sich aus dieser Position zurückzog - zu viel Raum zu bespielen und zu wenige Anspielstationen, um das zu tun.

Und das, obwohl Kaiserslautern Möglichkeiten anbot. In der flachen 442 Ordnung hätte Union nominell die Region überladen können. Vereinzelt rückte Gürtler vom rechten Flügel auf eine Linie mit Stieber und Osawe und bildete so ein 433, dass zwar das Zentrum zahlenmäßig stärker besetzte, aber unkompakt war und große Schnittstellen anbot. Diese wurden von Jens Kellers Mannschaft aber nur selten bespielt (zumeist, wenn sich Steven Skrzybski im zentralen offensiven Mittelfeld anbot). Häufiger fehlte es aus den genannten Gründen an Präsenz und Passempfängern. Außerdem wird Stephan Fürstners Übersicht und Raumgefühl verschenkt, wenn der frühere Fürther in der ersten Aufbaulinie agiert und seine Pässe ins Mittelfeld auf kurze Pässe auf den sich noch dazu oft sehr tief anbietenden Kreilach beschränkt sind.

An dieser Struktur änderte sich erst ansatzweise etwas, als Eroll Zejnullahu ins Spiel kam. Doch obwohl Skrzybski nun zentral spielte reichte dies gegen eine Lauterer Mannschaft, die es sich leisten konnte, sich auf Strafraumverteidigung und Konter zu verlegen, nicht aus.

Das Resultat waren nur 2 Abschlüsse mit dem Fuß innerhalb des Strafraumes und ein Freistoß von Kroos als beste Gelegenheit.

Defensive

Dass bis zu dem Angriff, der das Spiel entschied, auch Kaiserslautern zu wenigen klaren Torchancen kam, lag daran, dass ihr offensives Konzept (ebenfalls) auf eine erfolgsinstabile Option fokussiert war: immer wieder wurden im eigenen Verteidigungsdrittel gewonnene Bälle schnell in die Spitze gespielt. Wenn Osawe sie dort festmachen konnte, wurde er von Stieber und Görtler unterstützt.

Pässe union-FCK

Die Passgraphik für Lautern. Pollersbeck-Osawe ist die stilprägende Beziehung, obwohl Moritz etwas stärker eingebunden ist.

Allerdings ist die Verteidigung langer, vor allem hoher Bälle eine der Stärken von Unions Abwehr. Und auch wenn Osawe das erste Duell gewinnen konnte, blieben ausgespielte Angriffe unwahrscheinlich, da Ablagen auf die nachrückenden Angreifer auf die Flügel abgedrängt aus schwierigen Positionen und unter Druck gespielt werden mussten.

Expected goals Union-FCK

Der Expected Goals Graph zeigt, dass vor allem Unions offensive Produktion weit hinter den Werten der letzten Wochen zurück bleibt, während Lauterns größte Chancen Konter nach der Führung waren.

Der Großteil der Chancen Lauterns kam nach der Führung, als Union weiter nach vorn schob, ohne dabei großen Druck zu entwickeln. Die Abwesenheit von Druck war überhaupt eines der Kennzeichen dieses Spiels: Union zeigte so wenig hohes Pressing wie selten in dieser Saison. Dass sich Lautern dem entzog, indem es aus freien Stücken den Ball selten lange in den eigenen tiefen Reihen hielt, kann das nur teilweise erklären.

Szene des Spiels

Ein Angriff Unions kurz vor der Halbzeitpause (ab 46:00 AFTV Zeit), indem Unions Plan noch am besten funktionierte: von Puncec angespielt setzt sich Skrzybski zunächst im Dribbling durch, spielt dann einen guten Doppelpass mit Quaner, um nach einem weiteren Dribbling eine Flanke in den Strafraum zu bringen, die zu Kreilach geklärt wird, der nur zu einem ungefährlichen Schuss kommt.