Nicht alles

Mit einem 2-1 gegen Hannover hält sich eine umformierte Union-Mannschaft - trotz einiger Schwächen - in der Spitzengruppe.

Grundausrichtung

Union-H 96

16.10.2016: 1. FC Union 2 - 1 Hannover 96. Die größte taktische Umstellung der Saison bisher bringt Union in einer 4312 Raute mit Steven Skrzybski auf der 10 und Redondo und Hosiner im Sturm. Außerdem vertreten Parensen und Puncec die gesperrt/verletzten Pedersen und Schönheim.

Einigermaßen überraschend formierte sich die personell wie erwartet aufgestellte Union Mannschaft im Spitzenspiel nach der Länderspielpause neu. Statt des bisher fast durchgängig gespielten 433 setzte Jens Keller auf eine Mittelfeldraute, die sich aus dem bisherigen FKK Mittelfeld und Steven Skrzybski auf der 10 zusammensetzte.

Damit gingen naturgemäß ein verdichtetes Zentrum und dünn besetzte Flügel einher. Ob Hannover - in seinem 4132 - diese Freiräume nutzen würde, und ob Union aus der erhöhten nominellen Präsenz im Zentrum auch produktive spielerische Dominanz machen könnte; wurden so die entscheidenden Fragen des Spiels.

Absicherung (or the lack thereof)

Vor dem Spiel war die drängendste Frage, wie in Abwesenheit von Kristian Pedersen die linke Defensivseite Unions besetzt werden würde. In der Tat hatte Union Probleme in der Defensive auf den Flügeln, die mit dem eingesetzten Personal aber wenig bis nichts zu tun hatten.

Vielmehr entstanden sie, weil in der neuen Formation schon bisher gelegentlich sichtbare Probleme verstärkt auftraten. Ohne offensive Flügelspieler konnte Union in hohen Positionen nur im Zentrum Druck ausüben. Um daraus Ballgewinne zu machen, rückten die Mittelfeldspieler weit mit auf, sodass immer wieder bei Ballbesitz der Hannoveraner Abwehr alle sechs Spieler der vorderen Mannschaftsteile Unions im oder am Angriffsdrittel standen. Immer dann, wenn in diesen Momenten der Druck auf den Ball nicht hoch war, oder Situation unglücklich liefen, kamen Hannovers Flügelspieler dazu, sehr große offene Räume zu attackieren: in der ersten Halbzeit 'verteidigte' Trimmel mehrfach die gesamte rechte Hälfte des Spielfeldes allein. (Die in der ersten Halbzeit ab 18:50 AFTV entstehende Großchance für Hannover ist das markanteste Beispiel)

Zu diesen Schwierigkeiten trug neben der formativen Ausrichtung auch die Entscheidungsfindung der Mittelfeldspieler bei. So ließ Kroos einige Male Positionsbewusstsein vermissen, indem er - wie in seiner sonstigen Rolle - horizontal das ganze Feld bespielte, damit aber eben auf der rechten Seite große Räume öffnete. Auch schlechte Entscheidungen im Passspiel trugen dazu bei und störten die Balance in Unions Spiel.

Mit der Umstellung hatte Union dieses Problem offensichtlich teilweise in Kauf genommen. Aber ob in Planung oder Umsetzung, die Abwägung stimmte in diesem Spiel nicht. Dass die Pressingstrategie im Zentrum durchaus funktionierte wurde durch ihre fast vollkommen fehlende Absicherung konterkariert.

Union im Zentrum

Die Bewertung des Offensivspiels einer Mannschaft auf Grundlage subjektiver Eindrücke ist schwierig. Ein Problem dabei ist, zwischen Szenarien zu entscheiden, in denen nicht genug Torchancen erspielt werden, weil es an vielversprechenden Situation mangelt, und solchen, in denen das Problem ist, dass diese Situationen nicht effektiv genug ausgespielt werden. Gerade wenn ersteres der Fall ist liegt es nahe, sich an die wenigen, gescheiterten Versuche zu erinnern - und den gegensätzlichen Fall zu diagnostizieren.

Obwohl, mit Skrzybski zentral hinter Hosiner und Redondo und der Chance, seine Qualitäten in einer kreativen Rolle zu zeigen, das Offensivspiel Unions auf den Zehnerraum ausgerichtet war, gelang es der Mannschaft eher selten, diesen Raum anzuspielen. Dafür sorgte einerseits Hannovers 442 Pressing, und andererseits der Umstand, dass auch mit dem FKK-Dreieck in tieferen Ausgangspositionen die Verbindungsprobleme der letzten Partien nicht gelöst waren.

Expected goals Union-H96

Der Expected Goals Graph - vom exzellenten Statistikblog 11tegen11. Wir sehen, dass bis zu Unions Doppelschlag wenig zwischen den Mannschaften lag und dass Hannover - trotz Problemen, Chancen auszuspielen - nur knapp weniger Gelegenheiten als Union produzierte.

Mehr Durchschlagskraft entwickelte Union erst nach der Einwechslung von Collin Quaner für Kenny Prince Redondo. Alle drei Angreifer spielten jetzt in echten Stürmerrollen fokussiert auf Durchbrüche in der letzten Linie. Ihre individuelle Qualität sorgte dafür, dass die Gelegenheiten, die sie dazu bekamen, ausreichend waren.

Szene des Spiels

Hannovers zweite große Chance in der zweiten Halbzeit (7:44 AFTV Zeit). Nach einem Angriff Unions über die linke Seite kommt es von dort zu einem Befreiungsschlag, der bei Union landet, aber nicht kontrolliert wird und retour geht. Noch immer ist die rechte Seite Unions nicht besetzt, über die Hannover mit Albornoz angreift. Mit einem weiträumigen Tusche-Kreisel überwindet er den zurückgekommenen Kroos und kommt nach Doppelpass zu einer Hereingabe, die in die Füße von Bakalorz geklärt wird. Seinen Schuss hält Busk.

Na und?

Zu empfehlen ist auch die Kurzanalyse des Spiels im ohnehin lesenswerten Hannover-Blog Niemals allein.