Suboptimal top

Union gewinnt auch ohne an seine Leistungsgrenze zu kommen gegen Nürnberger, deren Plan aufgeht, aber ineffektiv ist.

Grundausrichtung

Auch in seinem zweiten Spiel als Nürnberger Cheftrainer formierte Michael Köllner seine Mannschaft in einem 4141, bei dem diesmal allerdings Möhwald statt Ishak in der Spitze spielte.

Union-FCN

Die Aufstellung zu Beginn. Die durch Möhwalds Wechsel in die Spitze freigewordene Position im Mittelfeld Nürnbergs nimmt Behrens ein, bei Union bleibt bis auf die Rückkehr von Puncec alles gleich.

Damit verfolgte Köllner zunächst defensiv das Ziel, Unions Mittelfeld aus dem Spiel zu nehmen, während offensiv vor allem die Außenstürmer Kempe und Salli eingesetzt werden sollten.

Jens Keller und sein Team versuchten im Gegenzug, die selbe Spielanlage wie in den vergangenen Wochen umzusetzen - und hatten dabei nicht aus 'Angst vor der eigenen Courage' Probleme.

Umkämpftes Mittelfeld

Im Mittelfeld gab es ein Kontrastprogramm zum Spiel am Millerntor gegen St. Pauli zu sehen. Während dort gerade Kroos gewisse Freiheiten fand, indem er sich in Richtung der defensiven Halbräume fallen ließ, verfolgten Nürnbergs Sechser Petrak und die Achter Löwen und Behrens Unions FKK Mittelfeld mannorientiert.

Expected goals Verlauf

Die Abfolge der Torchancen zeigt, dass Nürnberg Unions Offensive bis zur Schlussphase sehr effektiv kontrollierte. Infos zur Graphik

Die größten Auswirkungen auf Unions Aufbauspiel hatte dabei, dass der 20 Jahre junge Eduard Löwen sich sehr konsequent um Stephan Fürstner kümmerte. So kam Fürstner nur in Ruhe an den Ball, wenn er sich in die Abwehrkette zurückfallen ließ (meist seitlich neben die Innenverteidiger). Dann allerdings verstellte Löwen weiterhin gut die Passwege nach vorn, und waren die ebenfalls in Manndeckung genommenen Kroos und Kreilach nur selten anspielbar.

Die Folge waren viele lange Anspiele auf Sebastian Polter, die der Stürmer zwar in der Regel festmachen konnte, denen aber Anschlussaktionen fehlten - denn auch an dieser Stelle gab es kaum offensichtlich freie, erreichbare Räume.

Auch Michael Köllner zeigte sich zufrieden damit, wie gut das funktionierte und konstatierte "dass unser Matchplan super aufgegangen ist." Dass er dabei vor allem Löwens Leistung gegen Fürstner hervorhob - vor der "man nur den Hut ziehen kann" - zeigt sich einerseits die Wertschätzung für den Sechser Unions, hatte andererseits einen für Nürnberg bitteren Beigeschmack: "Das ausgerechnet er mit an dem Tor beteiligt ist, das ist die Scheiße am Fußball."

Erst nach der Einwechslung von Hosiner für Kroos gelang es Union, nun im 442 mit dem Österreicher als hängenderem Stürmer, der auch 10er-artige Aktionen hat, die Mannorientierungen im Mittelfeld aufzubrechen. Das Tor illustriert gut, wie Nürnberg einmal die (Zu)-ordnung verliert und Union das stark ausspielt.

Kannst di am Boden hinlegen und kannst weinen.

Michael Köllner

Nürnbergs Probleme in Zone 14

Während Nürnberg also ziemlich effizient darin war, Unions Spiel zu unterbinden, zeigten die Franken auch offensiv gute Ansätze.

Allerdings endeten die Bemühungen meist unmittelbar vor dem Strafraum Unions - also der Zone, die in der Taktiktheorie des Positionsspiels mit der Nummer 14 gekennzeichnet wird.

Dorthin sollte die 'falsche Neun' Möhwald zurückfallen, um Räume und Passwege für die Außen zu öffnen und zu Chancen zu kommen. Sowohl Möhwald als auch Köllner bemängelten nach dem Spiel, dass in den Momenten, in denen der Club, meist mit Behrens oder Löwen, mit dem Ball ins offensive Zentrum kam falsche Entscheidungen und zu frühe Pässe dazu führten, dass Angriffe nicht zu Chancen ausgespielt werden konnten. Hier fehlten eingeschliffene Laufwege, die, so Köllner, "mit dem Training automatisch kommen werden."

Pässe

Passgraphik für Nürnberg. Dass Salli auf Linksaußen nicht höher als hier gezeigt zu Ballaktionen kam zeigt, dass Nürnberg zu selten in die letzte Phase ihrer Angriffe kam.

Möhwald gelang es in der Tat gut, vor allem Puncec aus der Kette herauszuziehen - was nur etwas brachte, weil der Erfurter dabei auch Bälle behaupten und ablegen konnte, wie etwa vor einem Abschluss von Kempe nach 64 Minuten.

Expected goals Karte

Die Statistiken zur Zahl der im weiteren und engeren Umkreis des Union-Tores angekommen Pässe zeigt Nürnbergs Problem sehr eindringlich: sie hatten keinen einzigen der letzteren.

Szene des Spiels

Die Doppelchance für Skrzybski und Polter in der ersten Halbzeit (ab 37:15 AFTV). Hier zeigten sich die Qualitäten von zwei Schlüsselspielern in dieser Union Mannschaft eindrücklich - Toni Leistner und Stephan Fürstner.

Leistners Kopfballstärke mag auf den ersten Blick nicht als hippes taktisches Element erscheinen, ist aber entscheidend für Unions Umschaltspiel. Weil Leistner ungefähr alle Kopfballduelle gewinnt, kann er riskieren, sehr weit aufzurücken, um diese Duelle zu führen (in dieser Szene deutet sich das an, das Spiel bietet viele extremere Beispiele), ohne abgesichert zu werden. Das erlaubt der Mannschaft, bei langen Bälle kompakt zu bleiben und Angriffe auszulösen. Dafür ist in dieser Szene und im Allgemeinen Stephan Fürstner zuständig, der hier den Ball stark im Gegenpressing behauptet und mit perfekter Übersicht in den Zehnerraum auf Kreilach spielt, über den Unions beste Chance in der ersten Hälfte entsteht.