6-out-of-10

Union spielt instabil und 2-2 gegen Dresden. Zur Rückkehr von Uwe Neuhaus an der alten Försterei zeigen sich dabei Spannungen im System seines (Nachnach)nachvolgers.

Grundausrichtung

Union behielt Ausrichtung und Aufstellung aus dem Bochum Spiel so weit als verletzungsbedingt möglich bei, trat also wieder in einem 4141/433 auf. Die Gäste aus Sachsen taten es ihnen gleich und spielten ebenfalls in 433 Formation, im Angriff mit Fokus auf die offensiven Außen.

Union-Dresden

Die einzige Änderung in Unions Startformation war der Tausch zwischen Hosiner und Quaner, der durch eine Muskelverletzung des österreichischen Neuzugangs induziert wurde.

Auch am Plan, den Jens Keller seiner Mannschaft mitgab, änderten sich nur Details. Erneut sollten offenbar Bälle im Gegenpressing erobert und so direkt wie möglich in die Spitze (beziehungsweise die Seitenkanäle) gespielt werden.

Ballbesitz und Gegenpressing

An den Schwierigkeiten der Mannschaft, diesen Plan umzusetzen, zeigten sich aber grundlegende Spannungen zwischen seinen Elementen.

Auch wenn der Begriff und das Konzept Gegenpressing in Deutschland durch Jürgen Klopp und seine eher konterorientierten Mannschaften popularisiert wurden, passen sie natürlicherweise eher zu Ballbesitz-fokussiertem Fußball. Entsprechend ist die herausragende Gegenpressing-Mannschaft der FC Barcelona ca. 2009-11. Diese Mannschaft war darauf ausgelegt, dem ballführenden Spieler zu jedem Zeitpunkt mindestens ein, besser zwei Dreiecke anzubieten, in das er Pässe spielen konnte - und zwar auf ziemlich engem Raum. Das bedeutet, dass im (seltenen) Fall von Fehlpässen in der Regel mindestens zwei, eventuell gar drei Spieler Barças näher am in Ballbesitz gelangten gegnerischen Spieler stehen als dessen nächste Mitspieler. Folglich können sie ihm Passoptionen nehmen und ihn unter Druck setzen, und so das Quorum von sechs Sekunden bis zum erneuten Ballgewinn erfüllen.

Es ist nun ersichtlich dass dieses System hohe Dichte von eigenen Spielern in ballnahen Räumen verlangt. Das aber widerspricht den Erfordernissen eines Offensisspiels, das auf Schnellangriffe ausgelegt ist. Denn dafür braucht es eine vertikale Staffelung, die es erlaubt, mit Pässen in die Tiefe schnell Raum zu überbrücken - das heißt entlang vertikaler Fluchten positionierte und startende Akteure.

Zusammenführen lassen sich diese beiden Ansätze zwar trotzdem, aber nur bedingt und nur in genauer Ausführung. Eine Variante ist etwa, im 'normalen' Pressing das gegnerische Aufbauspiel in Regionen des Spielfeldes zu leiten, in denen man in Überzahl ist; den Ball dort zu gewinnen und Schnellangriffe zu starten; im Zehnerraum, also dem Vorfeld des gegnerischen Strafraums, erneut Überzahl zu schaffen, da dort Konter am wahrscheinlichsten zusammenbrechen und sich so Gelegenheiten zum Gegenpressing ergeben.

Doch dazu braucht es genaue Abstimmung des Pressings - die Union in diesem Spiel zu oft vermissen ließ. Gerade der Versuch, auch in Situationen, in denen man nicht in Folge eigener Offensivaktionen aus der Bewegung ins Pressing gehen konnte, höher zuzustellen und anzulaufen als gegen Bochum war hier kontraproduktiv. Weil die Wege der Stürmer im Anlaufen noch immer zu weit waren oder zu spät angegangen wurden war der Druck auf Dresdens Abwehspieler oft zu gering. Und weil es Union an 'vertikaler Kompaktheit' mangelte - sprich: der Rest der Mannschaft bis zur Abwehrkette zu weit auseinandergezogen stand - hatten sie zu große Räume im Mittelfeld, zwischen 6 und 10, als Ziel für Befreiungsschläge/lange Pässe.

Kausalketten zwischen diesen strukturellen Problemen und schwächeren individuellen Leistungen verlaufen zwar in beide Richtungen, insofern besonders starke Einzelleistungen die mannschaftstaktischen Schwierigkeiten lösen können. Aber Felix Kroos und Damir Kreilach wurde es eben zumindest nicht besonders leicht gemacht.

Offensive Abläufe oder war Collin Quaner gut

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Offensive Abläufe *oder* war Collin Quaner gut
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In der Analyse des ersten Saisonspiels hatte ich im Zusammenspiel der Offensivreihe Unions den herausstechenden positiven Aspekt des Spiels gesehen. Mit der Verletzung von Hosiner deutete sich schon an dass dieser Aspekt weniger prominent sein würde.

In der Tat bemühte sich Collin Quaner, trotz seiner unterschiedlichen Qualitäten die wichtigen Aktionen von Hosiner als Vorbereiter für Skrzybski und Redondo zu replizieren - wie ganz zu Beginn, als er dem Linksaußen einen through ball nicht durch sondern in die Hacken spielte aber nur mit mäßigem Erfolg. Gleiches galt an diesem Tag aber auch für Skrzybski, der einige Angriffe weniger gefährlich ausspielte als möglich gewesen wäre. Positiv zu verzeichen war allerdings, dass Union im letzten Drittel oft die richtigen Dinge versuchte ohne sinnlos zu flanken. Nur gelangen diese Aktionen oft nicht.

Aber aber zwei Tore! Ja, Quaner gelangen die beiden Tore für Union. Doch erstens werden Tore überbewertet (dazu mehr demnächst auf pressschlag.net), und zweitens waren die beiden Tore Quaners solche aus der Kategorie machbar (vor allem das 2-1). Dass Quaner eine leicht überdurchschnittliche Leistung zeigte hatte also mindestens genauso viel mit den gelungenen und missratenen Aktionen im Verbindungsspiel wie mit den Toren zu tun.

Eroll

In der Schlussviertelstunde kam Eroll Zejnullahu zu seinem ersten Einsatz der Ligasaison. Seine Abwesenheit in den beiden Startelfs, der Zeitpunkt der Einwechslung und Jens Kellers Kommentare nach dem Spiel bestätigen die hier in der Saisonvorschau geäußerten Zweifel über seine Position in der Mannschaft in ihrer gegenwärtigen Konfiguration.

In diese Konfiguration passt Eroll tatsächlich nicht, doch auch in diesem Kurzeinsatz, während dem Union nicht zu vielen klaren Chancen kam deutete sich an, dass eine Alternative effektiver sein könnte. Zejnullahu führt mit seinen Pässen und Dribblings zu einem indirekteren Verlauf der Angriffe Unions, findet dabei aber Situationen, aus denen sie gefährlicher werden können. Here's hoping.

Szene des Spiels

In der Entscheidung über diese Rubrik erhalten diesmal die optimistischen Teile meiner Selbst den Vorzug, also: das 1-1, genauer der Moment, in dem Steven Skrzybskis Pass zwischen den Beinen des Dresdner Kapitäns hindurch zu Quaner ging. In Unions bestem Angriff wurde mit etwas Geduld aufgebaut und Skrzybski in einer engen Situation gesucht, die er perfekt auflöste und das Tor auflegte.