Abhängige Variablen
Mit einem mühevollen 1-2 nach Verlängerung kommt der 1. FC Union in Völklingen gegen Saarbrücken in die zweite Pokalrunde, ohne zu überzeugen.
Grundausrichtung
Union begann mit fast komplett neuem Personal, aber der gleichen Grundordnung wie (über weite Strecken) in den beiden Ligaspielen zuvor. Das heißt, dass Union auch gegen den Regionalligisten aus dem Saarland und sein 532 mit einer Doppelsechs auftrat, die nun aus den Reservisten Fürstner und Prömel bestand.
Es stellte sich heraus, dass diese Anordnung nicht etwa zu defensiv war, sondern es ihr im Gegenteil an defensiver Stabilität fehlte. Denn Union bekam vor allem Saarbrückens zentrales Mittelfeld mit Martin Dausch lange nicht unter Kontrolle.
Unions Defensivprobleme
Das Phänomen, als das diese Probleme zu Tage traten, waren viele 1-gegen-1 Situationen zwischen Saarbrücker Angreifern und Daniel Mesenhöler, die erstere nicht sehr gut abschlossen und letzter ziemlich gut parierte.
Aber wo entstanden Unions Probleme? Die Innenverteidiger dafür zu kritisieren, dass sie ihre Zweikämpfe in ziemlich großen Räumen hin und wieder verloren, ist vielleicht nicht der produktivste Ansatz, diese Frage zu beantworten. So wirkte auch die Auswechselung von Schösswendter harsch, aber dazu etwas später mehr.
In der ersten Hälfte des Spiels, also bis zu Unions Doppelwechsel, gelang es Saarbrücken immer wieder, aus dem zentralen Mittelfeld Angriffe einzuleiten. Das gelang vor allem, in dem sich einer der beiden Achter - Dausch und Holz - neben Sechser Zeitz fallen ließ, um gegen den zentralen offensiven Mittelfeldspieler Unions Überzahlsituationen herzustellen. Das gelang und ging mit Ballgewinnen und -behauptungen einher, wurde aber vor allem durch Unions unpassendes Gegenpressing gefährlich. Denn mit dem aggressivem, aber zu spätem Herausrücken der Sechser öffneten diese hinter sich Räume, die Saarbrückens Achter bespielen konnten, und in denen sich der sehr aktive Behrens anbot. Damit wurde Unions Viererkette in schwierige Situationen gebracht, die sie nicht immer glücklich löste.
Neben den Saarbrücker Gelegenheiten, die nach diesem Muster entstanden, gab es auch noch einige Situationen, die Schmitt und Behrens mit Einzelaktionen zu Chancen machten. Dabei fiel vor allem auf, dass sich Behrens mit seinen weiträumigen Bewegungen, nach denen seine Krämpfe in der Verlängerung wenig überraschten, immer wieder der Zuordnung der Union Defensive entzog und zwischen Innenverteidigung und zentralem Mittelfeld Platz fand. Dazu trägt auch die Dynamik eines Spiels mit klarer Favoritenrolle bei, indem sich der Regionalligist mit seiner Fünferkette weit zurückzog und Union in Ballbesitz recht langsam und weit nach vorn geschoben spielte.
Abgesehen von möglichen Fitnessproblemen erschloss sich mir nicht so recht, warum Saarbrücken Martin Dausch nach 70 Minuten auswechselte. Ohne den früheren Unioner war der Gastgeber im Mittelfeld spielerisch weniger effektiv, Behrens nahm nun eine noch größere Rolle ein.
Falsche Flügel
In Unions Angriffsspiel war auffällig, dass sich die Flügelstürmer und mit Trimmel teilweise auch die Außenverteidiger immer wieder weit eingerückt positionierten. Gerade Hedlund bot sich öfter in den Halbräumen (also ungefähr im vertikalen Korridor zwischen Fünf- und Sechzehnmeterraum) an als auf dem Flügel. Das war sinnvoll, weil Union so an Präsenz in den zentraleren Offensivräumen gewann, die Damir Kreilach nicht so recht schaffen konnte. Der Kroate war stärker nach vorn orientiert und nicht so stark eingebunden wie etwa zuletzt Marcel Hartel auf dieser Position.
Dass Union sich schwertat, aus dem Spiel heraus Chancen zu kreieren, hatte aber auch mit der Struktur des Aufbauspiels in der ersten Linie zu tun. In diese - neben die Innenverteidiger - ließ sich Stephan Fürstner immer wieder fallen. Grischa Prömel, Unions zweiter und nun einziger im Mittelfeld verbliebener Sechser, war in dieser Phase des Spielaufbaus kaum anspielbar, da er fast immer im Deckungsschatten der beiden Saarbrücker Spitzen verschwand. So blieben Union in der Spieleröffnung nur Pässe auf die Außenverteidiger, mit denen die Mannschaft von Jens Keller aber nicht in die Formation der Gastgeber hinein spielen konnte. Saarbrücken stellte sich stattdessen in einem tiefen Block auf und machte es Union schwer, zu klaren Offensivaktionen zu kommen.
Anpassung
Nach 64 Minuten wechselte Unions Trainerteam Toni Leistner für Schösswendter und Sebastian Polter für Christopher Trimmel ein. Es war - vor allem nur an Hand des Fernsehbildes - nicht sofort offensichtlich, was diese beiden ungewöhnlichen Wechsel für Unions Spielsystem bedeuteten. Klar war, dass Damir Kreilach ins zentrale Mittelfeld und Grischa Prömel in die Abwehr zurückfallen würde. Aber sollte man Unions Abwehr nun als Dreierkette schematisieren?
Zumindest bis zum nächsten Wechsel (Hartel für Hosiner, '85) war das nicht abwegig, da Prömel sich bei Saarbrücker Ballbesitz tatsächlich eher in eine Halb- als in eine Außenverteidigerrolle fügte, und im Aufbauspiel nun die Rolle von Stephan Fürstner übernahm. So konnten Leistner und Schönheim die ausweichenden Stürmer mit mehr Absicherung verfolgen.
Mit Hartels Einwechslung ging Union dann wieder in das angestammte 4231 über, in dem Prömel nun klar als Rechtsverteidiger spielte. Das war die letzte systemische Änderung in einem Spiel, dass es schwer macht, Lehren aus ihm zu ziehen. Denn dafür änderte sich personell schlicht zu viel gleichzeitig. Nach diesem Spiel ist es weder einfach, das Funktionieren von Unions Doppelsechs in Normalbesetzung zu bewerten, noch die personellen Alternativen Prömel und Fürstner. Denn diese drei Dinge änderten sich gleichzeitig und sind voneinander abhängige Variablen. Ein guter Versuchsaufbau war das Spiel in Völklingen also nicht, eine typische erste Pokalrunde dagegen schon.
Szene des Spiels
Das 1-0 durch Fabian Schönheim, als Union wieder nach einer Ecke mit einstudiertem Bewegungsablauf traf: Diesmal nutzte Schönheim Philipp Hosiner als Screen um seinen Gegenspieler abzustreifen und frei zum Kopfball zu kommen.