Abwärtsspirale
Union ändert zwar wieder die Grundordnung, aber nichts an der Fehlerquote und fährt in einem schwachen Spiel die dritte Heimniederlage in Folge ein.
Dass Union viele Fehlpässe gespielt hat war einer der eindringlichen Eindrücke aus diesem Spiel. Trotzdem stand am Ende aber eine Passquote von, je nach Quelle, 83 oder 88% zu Buche - eigentlich sehr ordentliche bis sehr gute Werte.
Die subjektive Wahrnehmung täuscht in diesem Fall aber nicht. Zum einen, weil in der Anfangsphase, die das Spiel letztlich entschied, die Fehlpassquote tatsächlich viel höher war. Und zum anderen, weil auch später im Spiel zwar vielleicht nicht sehr viele Pässe fehl gingen, aber immer wieder recht triviale oder solche, die Szenen in vielversprechende Situationen hätten verwandeln können. Diese Momente zu registrieren ist in diesem Fall informativer als rohe Zahlen an sich.
Für das Zustandekommen der Fehlpässe waren aber nicht nur die offensichtlich grassierende Verunsicherung oder vermeintlich fehlende individuelle Fähigkeiten verantwortlich. Sondern sie hatten auch systematische Ursachen: Es gelang Nürnberg über weite Strecken des Spiels gut, Unions hintere und vordere Mannschaftsteile voneinander zu isolieren.
Ein zentrales Mittel dazu war die Umstellung der Nürnberger von den zuletzt angewandten 433 oder 4141 Systemen hin zu einem 352. Ebenso stellte André Hofschneider in Abwesenheit des erkrankten Steven Skrzybski die Grundformation seiner Union Mannschaft um und kehrte von der Raute zurück zum 433 mit Kroos und Prömel als Doppelsechs. Beide Systeme sind sich bekanntlich gar nicht so unähnlich, vor allem nicht, wenn sich bei eigenem in der Raute die Achter eher nach vorn und im 433 die Flügelstürmer (oder einer von ihnen) nach innen orientieren. Dann haben beide Ordnungen, wie Nürnbergs Trainer Michael Köllner nach dem Spiel sagte, die Eigenschaft, die Halbräume stark zu besetzen. Um Union in diesen Räumen etwas entgegen setzen zu können bot Nürnberg ein Mittelfeld mit zwei Achtern auf, die in ihrer Defensivarbeit von Sechser Erras unterstützt und von den Halbverteidigern in der Dreierkette abgesichert wurden. Obwohl Hedlund (grundsätzlich zentral), Gogia (links) und Hartel (rechts) stets bemüht waren, sich anzubieten und dazu auch immer wieder Positionen tauschten, fanden sie in der Mitte keine offenen Räume.
Durchbrüche gab es für Union so nur, wenn das Mittelfeld einmal mit Bällen überspielt wurde, die Polter verarbeiten konnte (wie vor Gogias Schuss aus 16 Metern in zentraler Position), seltener nach gewonnen eins-gegen-eins Duellen oder Kombinationen mit den Außenverteidigern auf dem Flügel. Beides führte andersherum aber auch zu Konterchancen für Nürnberg. Schließlich hatte Union zwei bis drei gute Konter (vor einer Chance von Polter und Gogias zweiter, besserer Gelegenheit).
Dazu kam, dass Nürnbergs Stürmer (Ishak und Palacios Martinez) vor der Führung Unions Innenverteidigung aggressiv und recht erfolgreich anliefen und später gut die Passwege auf Prömel und Kroos oder der sich fallen lassenden Sechser nach vorn zuliefen. Diese Rolle und die doppelte Besetzung der Spitze wählte Köllner, um die Wege der beiden im Pressing und bei Kontern nicht zu lang werden zu lassen. Dabei half außerdem, dass Ishak und Palacios Unions Aufbauspiel nicht bis zu den Außenverteidigern verfolgen mussten (um die kümmerten sich die Flügelverteidiger).
In der ersten halben Stunde half darüber hinaus nicht, dass sich Hedlund als 10er in zu vielen Situationen nach vorn hin anbot und so die Verbindung zwischen defensivem Mittelfeld und Offensive abriss.
Szenen des Spiels
Die erste zu nennende Szene ist eine, in der sich Union einmal durch den Nürnberger Block spielen konnte (nach 16 Minuten). Union versucht zunächst schnell umzuschalten, doch der öffnende Pass kommt in Gogias Rücken, zwingt ihn abzubremsen und erlaubt Nürnberg hinter den Ball zu kommen. Kroos schiebt auf den Flügel und spielt von dort - wie zu selten an diesem Abend - einen Pass zwischen die Nürnberger Linien auf Hartel, der mit seiner Bewegung in diese Position Überzahl schafft und sich gut um Mühl dreht um auf Hedlund durchzustecken. Aber das Ende der Aktion ist symptomatisch für das Spiel: Ewerton nimmt Hedlund den Ball ab.