Angepasst aber nicht Andauernd
Der 1. FC Union geht mit einer weiteren Niederlage und auf Platz 5-7 in die Winterpause - und das trotz eines besseren Spiels gegen Ingolstädter, an die André Hofschneider seine Mannschaft interessant anpasst.
Während Hofschneider im zweiten Spiel seiner zweiten Amtszeit die Grundformation in Ballbesitz beibehielt (dabei allerdings zwei personelle Änderungen vornahm), gab es eine gänzlich neue Variante im Spiel gegen den Ball.
Um Stefan Leitls Ingolstädter Mannschaft daran zu hindern, das Spiel wie gewohnt über die Außenverteidiger zu eröffnen ließ sich Sebastian Polter auf den linken Flügel fallen, wenn Ingolstadts Innenverteidigung in Ballbesitz war. Dort verstellte er den Passweg zwischen dem rechtem Innenverteidiger, Marvin Matip, und Rechtsverteidiger Levels. Gleiches tat auf der anderen Seite Skrzybski, der die Verbindung zwischen Wahl und Gaus kappte. Aus dieser Ausgangsposition ging Union nur in ein aktives (Angriffs)pressing, wenn Ingolstadt zu langsame Pässe zwischen den Innenverteidigern spielte.
Das bedeutete aber auch, dass Ingolstadt das Zentrum zunächst offen stand: hier war Marcel Hartel dafür zuständig, Ingolstadts Sechser unter Druck zu setzen, sobald dieser den Ball aus der Innenverteidigung bekam. Je nachdem, auf welcher Seite sich ein weiterer Mittelfeldspieler der Gäste anbot, wurde er darin von Hedlund oder Kroos unterstützt. Der Druck, den Union so auf Ingolstadts zentrales Mittelfeld ausüben konnte, reichte in der ersten Stunde des Spiels aus, die Gäste darin zu hindern, sich durch die eigentliche recht luftig besetzte Spielfeldmitte zu kombinieren.
Stattdessen schlug Ingolstadt recht viele lange Bälle in den Raum vor Unions Abwehr. Dort hatten Stefan Leitl und seine Mannschaft freie Räume neben Unions einzigem Sechser erwartet. In Wirklichkeit bekam Fürstner dort aber mehr Unterstützung als Daube im Spiel gegen Dresden. Union gewann so im eigenen defensiven Mittelfeld recht viele Bälle, und versuchte immer wieder, nach diesen Ballgewinnen schnell umzuschalten. Als gegen Mitte der ersten Halbzeit die Frequenz dieser Aktionen stieg, gelang es Union zum ersten Mal seit einigen Wochen eine etwas längere Phase ziemlich konstanten Druckes aufzubauen.
Gefährlich wurden die Umschaltaktionen in zwei Varianten: Entweder, die Freiräume im Mittelfeld, die Union nun seinerseits vorfand, wurden mit flachen Diagonalpässen und Dribblings (Hedlund) erschlossen. Oder, man spielte zwar Sebastian Polter direkt und lang an, allerdings so, dass der Angreifer den Ball nicht statisch verarbeiten musste, sondern auf die neben ihm in die Spitze laufenden Skrzybski, Hartel oder Hedlund ablegen konnte. Beides Varianten waren denn auch zu sehen, aber auch die angedeutete weniger effektive Spielart mit schlechter vorbereiteten oder unterstützten langen Bällen war einige Male zu sehen.
Im eigenen Spielaufbau konnte Union sich übrigens nur selten aus Ingolstadts hohem 433 Pressing spielerisch befreien - am besten vor Hartels guter Chance nach 40 Minuten, die Polter stark vorbereitete und beide so tatsächlich kurz Rollen tauschten.
Umschwung
Woran lag es dann, dass Union das Spiel in den letzten 20 Minuten noch verlor, nachdem Skrzybski per Elfmeter die Führung erzielt hatte? Ingolstadts Trainer Stefan Leitl begründete den Erfolg seiner Mannschaft zunächst damit, dass diese läuferisch und spielerisch viel in das Spiel investiert habe. Leitl hob die Läufe in die Tiefe von Morales und Cohen, die Leitl 'Zehner' nennt, die man aber ebenso gut als Achter bezeichnen könnte, hervor, und unterstrich, dass gerade der Angriff zum 1-1 sehr gut ausgespielt wurde.
Zur Geschichte des Umschwungs der Partie gehörte aber auch, dass Union seinen Plan nun weniger genau umsetzte. Die Außenverteidiger Ingolstadts, vor allem Levels, kamen öfter an den Ball und zu Pässen in die Offensive, weil es Union nicht mehr gelang, immer rechtzeitig die Passwege auf sie zu schließen. Neben den beiden Toren kamen solche Fehler etwa auch bei zwei knappen Abseitsstellungen zwischen dem 1-1 und 1-2 vor - Szenen, die zeigten, dass Union gerade ohne Ball in dieser Phase die Kontrolle über das Spiel verloren hatte.
Der Trainerwechsel ist nicht wegen diesem Spiel eine schlechte Idee
Nach dem Tor zum 1-2 musste ich gestern auf Twitter die Begriffe 'Keller' und 'Trainerwechsel' stumm schalten, um nicht dutzendfach zu lesen, wie Menschen, die sich mit Union höchstens am Rande befassen, anmerken, dass Unions Entscheidung zur Ablösung Keller ja nicht viel gebracht habe. Diese Kommentare waren nervig nicht, weil sie im engeren Sinne falsch wären, sondern weil gerade dieses Spiel wenig Anlass zu ihnen gab.
Schließlich hatte man hier eine Union Mannschaft gesehen, die einen Plan hatte, der zum Gegner auf dem Platz passte, und anhand dessen sie offensiv produktiver war als in den vergangenen Wochen. Dass die Herangehensweise auch Schwächen hatte, und dass diese Schwächen sich letztlich im Ergebnis niederschlugen und Union erneut verlor, heißt nicht, dass sich nichts an der Leistung verändert hätte. So kann man selbstverständlich weiterhin kritisieren, dass, wie und wozu sich Union von Jens Keller und Henrik Pedersen getrennt hat. In den Argumenten dieser Kritik sollte dieses Spiel aber nicht nur als (sein) Ergebnis vorkommen.
Szene des Spiels
Ein Angriff Unions ab 44:11, der zeigte, wie die zuletzt oft fehlenden Verbindungen im Mittelfeld hergestellt werden könnten: Kroos und Fürstner bieten sich im zentralen Mittelfeld an, weil Morales Kroos deckt, ist Fürstner frei und erhält den Ball. Sofort dreht er sich auf und spielt unter Druck zwischen zwei Ingolstädtern weiter auf Hartel, der Hedlund in ein 1v1 an der Grundlinie schickt, bei dem eine Ecke herauskam.