Award Show 2017/18

Auch eine schlechte Saison produziert Gewinner (gut, davon nicht so viele), Verlierer, und vor allem herausstechende Momente. All diese krönen wir in den end-of-season Awards von Eiserne Ketten.

Trimmel

Christopher Trimmel hat ein großes Talent für gute Standards, photogene Posen und gewinnt auch den Preis für den besten Neben/Postkarriere-Job, Photo: Stefanie Fiebrig

  • Dominick Drexler Award für den wertvollsten Spieler:

    Christopher Trimmel kann sich knapp gegen Steven Skrzybski durchsetzen. Diese beiden spielten unabhängig von der Mannschaftsleistung fast immer auf ihrem normalen, hohen Niveau oder darüber. Trimmel landet vor Skrzybski, weil über dessen Saison ein Schatten der Wochen im Spätherbst liegt, in denen er aus der Startelf und ein bisschen auch aus der Mannschaft fiel. Trimmel dagegen war konstant Leistungsträger einer nicht konstanten (oder nicht konstant guten) Mannschaft. Und dass, obwohl er nicht einmal immer gut eingebunden war: defensiv war Trimmel oft etwas auf sich allein gestellt; im Spielaufbau war er in vielen Spielen zu isoliert, um sein starkes Passspiel zu zeigen; und die Laufwege der Ziele seiner Standards wirkten nicht durchgängig ausgereift. Trotzdem bereiteten diese Standards viele Union Chancen vor, was dafür sorgt, dass Trimmel statistisch nicht nur aus Unions Mannschaft, sondern dem Spieler-Feld der ganzen Liga heraus sticht. Der österreichische Rechtsverteidiger besteht weiß aber nicht nur in Statistiken, sondern auch beim Zuschauen zu überzeugen.

  • Cristiane für den Spieler, der am wenigsten beigetragen hat:

    Wenn man diese Kategorie so interpretiert, den Kader durchzugehen und den Spieler zu nennen, der absolut am wenigsten beigetragen hat, landet man bei Christoph Schösswendter. Dass dessen Transfer sich als Missverständnis heraus gestellt hat, ist schade. Die Kategorie soll aber etwas anderes sagen: Wer hatte signifikanten Einfluss auf die Saison, aber eben nicht unbedingt positiv. So verstanden geht der 'Preis' an Marc Torrejón - dem man das aber persönlich nicht vorwerfen kann. Denn das Problem bestand nicht wirklich in seinen Leistungen, von denen es auch sehr gute gab. (Zu denken ist da an das Spiel gegen Düsseldorf, in dem er seine Zweikampfstärke zeigte, und vereinzelt starke spieleröffnende Pässe.) Aber Torrejón nahm eine Rolle ein, die nicht die richtige für ihn war. Ideal wäre er als dritter Innenverteidiger im Kader gewesen. Als Stammspieler, noch dazu auf der linken Seite der Innenverteidigung, war auch er daran beteiligt, dass Unions Spielaufbau nie ambitioniert genug war.

  • Martin Odegaard Rookie of the Year:

    Wie in der letzten Saison Lukas Lämmel standen mit Cihan Kahraman und Berkan Taz auch in dieser Spielzeit zwei Nachwuchsspieler im Profi-Kader, die nicht mehr in den Jugend-Mannschaft spielen können, aber auch noch nicht in der Profimannschaft angekommen sind, und sich deshalb ein Jahr lang nur im Training entwickeln konnten. So geht der Award an Lennard Maloney, der nicht nur mit der U19 die Klasse hielt, sondern in Fürth auch einmal spielen durfte (und sich ordentlich präsentierte).

  • Ferenć Puśkas Beste Spielleistung:

    Steven Skrzybski gegen Kiel. Ein Spiel mit vielen unfassbar guten Momenten von Skrzybski, der auch im letzten Heimspiel gegen Bochum immens gut, im ersten gegen den vielleicht/hoffentlich/fast Aufsteiger aber noch mehr brillant war. Diese 90 Minuten waren so wahrscheinlich auch Skrzybskis beste für Union. Sein Tor zum 2-2 war ein sehr guter Kandidat für Unions bestes Tor der Saison für die Ballannahme mit der Innenseite und vor allem den Abschluss mit dem Außenrist. Es war aber nicht Skrzybskis beste Szene, oder auch nur sein bestes Tor an diesem Tag. Letzteres war ein wortwörtlich unglaublicher Abschluss zum 4-3. Und ersteres eine Bergkampeske Ballverarbeitung nach 19:40 Minuten, die nur wegen einer exzellenten Parade von Kenneth Kronholm nicht zu einem Treffer führte. Alles in allem: viel zu gut.

  • 'Die Nationalhymne mitsingen'-Preis für die sinnloseste Kontroverse der Saison:

    Die Debatte über die wahren Gründe für die Entlassung von Jens Keller liegt hier weit vorne, denn dieser Teil der Entscheidung zur Trainerentlassung war genau nicht das Problem. Eine Erwähnung verdient die Beschwerde darüber, dass zu viele Schiedsrichter-Pfiffe gegen Sebastian Polter gehen.

  • #EWNAS Preis für das beste Spiel der Saison:

    Das bereits erwähnte Spiel gegen Kiel am 2. Spieltag. Und das nicht nur für Skrzybski, Hedlunds phantastisch ruhigen Abschluss oder ein Freistoßflanke-Trimmel-Kopfball-Kreilach Tor. Sondern auch für Kiel, das an diesem Tag vor allem in Drexler (zwei Vorlagen, ein Tor) und Schindler (1½ Tore) zeigte, warum es den Aufstieg verdient hat.

  • Paderborn 2015 Preis für das Schlechteste Spiel der Saison:

    Eine der härter umkämpften Wertungen nach einer schlechten Saison für Union. Die short list besteht aus den Auswärtsspielen in Düsseldorf, Sandhausen, Heidenheim, Bochum und schließlich in Darmstadt. Letzteres Spiel gewinnt für die Dramatik der damit einhergehenden Tabellensituation, die geradezu komische Vermeidbarkeit der Gegentore und die Bloßstellung des offensiven Plans.

  • Adrien Gulfo Award für das beste Eigentor:

    In dieser Kategorie gab es ungewöhnlich viele Einreichungen, schon allein, weil Union fünf Mal von Eigentoren profitierte, so oft wie sonst nur Kiel: Mit Giuliano Modicas Eigentor zum zwischenzeitlichen 2-0 steuerte das Hinspiel gegen Lautern schon einen guten Kandidat bei, selbst wenn man die verunglückte Abwehr eines Skrzybski-Schuss des in diesem Spiel bemitleidenswerten Correia nicht mitzählt; und Andersson im Rückspiel außer Acht lässt. Doch es gab zwei Szenen, die diese Lautern-bezogenen Geschehnisse weit hinter sich ließen: Zum einen natürlich der außerordentlich abstruse Kopfball, mit dem Danilo Soares ebenfalls das 2-0 für Union gegen Bochum erzielte, obwohl er dabei rekordverdächtig weit von allen Union Spielern entfernt stand. Doch selbst dieses Tor, das zeigte, dass auch nach 150 Jahren Fußball noch neue Dinge passieren, gewinnt den Preis nicht. Denn der geht an Darmstadts Jan Rosenthal. Dessen Eigentor war nicht nur geometrisch absurd (Leistners Kopfball wird auf der Linie abgewehrt, doch die Rettung springt von Rosenthal zurück ins Tor). Es fiel auch in der Nachspielzeit, brachte den 3-3 Ausgleich, und mit ihm verlängerte sich Darmstadts sieglos Serie in zweistellige Regionen. All das steigert die Fallhöhe in Rosenthals Aktion so sehr, dass an ihr kein Vorbeikommen ist.

  • Spieler mit den größten Fortschritten:

    Als ich mir neulich noch einmal die Textilvergehen Folge nach dem letzten Saisonspiel 2016/17 angehört habe, war ich etwas erschrocken, wie schlecht Simon Hedlund in der Bewertung der Neuzugänge damals wegkam. Vor diesem Hintergrund muss man ihm diesen Preis zugestehen, vor allem für das erste Saisonviertel, in dem er plötzlich gerade im Abschluss viel ruhiger und überlegter war als zuvor. Dieser Lauf kühlte danach zwar ab, und zu den vier Toren bis zum Spiel gegen Braunschweig kamen nur noch zwei mehr. Noch auffälliger ist dass Hedlund keine Vorlage vorzuweisen hat. Das ist aber etwas Pech geschuldet (Hedlund bereitet einigermaßen viele Chancen vor). Interessant und neu an Hedlunds Saison war außerdem, dass er auf vielen verschiedenen Positionen zum Einsatz kam: im 433 bekleidete er von der Acht, über beide Flügel, die 10 und schließlich das Sturmzentrum (als falsche Neun) ungefähr alle möglichen offensiven Positionen, dazu kamen Spiele als eine von zwei variablen Spitzen im 3412.

  • Spieler mit der schlechtesten Entwicklung:

    Für Fabian Schönheim war es eine weitere furchtbare Saison mit mehr Instagram-Posts über Reha-Arbeit als über Spiele. In der dritten Saison in Folge spielte Schönheim in der Liga weniger als 1000 Minuten. Und das, nachdem er im Herbst mit neun Spielen über 90 Minuten in Folge den besten Lauf seit Beginn der Saison 2014/15 hatte. Die Knieverletzung, die ihm danach zunächst für einige Monate, dann für den Rest der Saison unmöglich machte zu spielen , verhinderte so auch, dass er sich als wieder als Stammspieler in der Innenverteidigung etablieren konnte. Das hatte nicht nur für Schönheim selbst, sondern auch für die Mannschaft insgesamt relativ schwerwiegende Folgen - verwiesen sei auf das, was oben zu Marc Torrejón steht. Ein fitter Schönheim hätte die Kaderposition als linker Innenverteidiger einnehmen können, die nach dem Abgang von Roberto Puncec unbesetzt blieb.

  • Roberto Puncec Preis für den meist unterschätzten Spieler:

    Christopher Lenz hat für Holstein Kiel trotz einer schweren Verletzung eine sehr gute Saison gespielt, und könnte in Oliver Ruhnerts Kaderplanung eine wichtige Rolle spielen (vor allem, falls Kristian Pedersen den Verein verlassen sollte).

  • Torsten Mattuschka Publikumspreis:

    Micha Parensen hat nicht wirklich Konkurrenz in dieser Kategorie, und seine Wahl braucht keine Begründung.

  • Szene der Saison:

    Das Tor von Steven Skrzybski zum 3-1 gegen Bochum, und die Umarmungen für Skrzybski danach. Weil es nicht einen einzelnen Moment gab, in dem die eigentlichen Saisonziele zerbrachen, und sich in diesem die Erleichterung darüber, Schlimmeres vermieden zu haben, konzentrierte - zusammen mit der Wehmut darüber, dass Skrzybski vielleicht nicht länger in Köpenick spielen wird, und Union in dieser Saison eine mehrmals Chance verstreichen ließ.

Stevie

Liebe für Steven Skrzybski nach dessen Tor zum 3-1 gegen Bochum; Photo: Football & Wildlife Media

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