Ein Spiel machen
Im ersten Spiel der Rückrunde gibt es wenig filligranen Fußball bei einem 2-1 Sieg von Union gegen Bochum.
Die Phrasen 'das Spiel machen' und 'spielbestimmend sein' gehören zum feststehenden Vokabular der Fußballsprache, und sind dabei fast immer positiv konnotiert. Wenn bei ihrer Verwendung Kritik durchscheint, bezieht diese sich fast immer auf fehlende Effizienz der 'spielbestimmenden' Mannschaft, nicht auf deren - angebliche - Dominanz selbst.
Diese Einschränkung ist sogar prävalent, wie das (hochinteressante) Blog Fußballlinguistik dankenswerterweise für Eiserne Ketten recherchiert hat. Dessen Autor Simon Meier kommt sogar zu dem Schluss:
Insgesamt zeigt sich also, und das ist schon überraschend: Spielbestimmend zu sein und das Spiel zu machen ist was für Verlierer.
Das Spiel, mit dem der 1. FC Union sein Ligajahr eröffnete, könnte insofern als Gegenbeispiel für diese Konventionen dienen, als man nicht besonders verschwenderisch mit Gelegenheiten umging (und das Spiel gewann). Aber während die Mannschaft in Rot den Rhythmus des Spiels bestimmte und gefühlt mehr Spielanteile hatte (die Ballbesitzstatistiken waren ausgeglichen), gereichte ihr das kaum zum Vorteil. Denn dazu, in einem Spiel tonangebend zu sein, gehört eben auch, welche Töne man spielt.
Grundausrichtung
Jens Keller begann das Spiel mit der zurückhaltenderen, spielerisch limitierteren 'prognostizierten' Aufstellung, mit Michael Parensen statt Eroll Zejnullahu im zentralen Mittelfeld.
Dort spielte neben ihm Felix Kroos in einer Rolle, die zwischen Acht und Sechs angesiedelt war und die Damir Kreilach das zentrale offensive Mittelfeld überließ.
Bochum formierte sich zwar in ihrem gewohnten 4231 in der zu erwartenden Besetzung, interpretierte das System aber weniger ballbesitzlastig und konnte -auch auf Grund von Verletzungen und Sperren - einige zentrale Mechanismen nicht umsetzen.
Bochumer Spielaufbau
Wie in der Vorschau auf diesen Seiten und im taktischen Überblick der Kollegen von Niemals Allein nachzulesen ist, zeichnet sich der VfL Bochum unter Gertjan Verbeek durch ein außergewöhnliches Aufbauspiel aus. Davon war an diesem Freitagabend aber wenig zu sehen.
Ohne Rechtsverteidiger Stefan Celozzi musste Verbeek die Formation im Aufbau leicht umstellen: normalerweise ist es der zentrale Mittelfeldspieler Anthony Losilla der zurückfällt, um eine Aufbaudreierkette zu bilden, während Celozzi ins zentrale Mittelfeld schiebt. In seiner Abwesenheit blieb Losilla im Sechserraum und setzte sich die Aufbaureihe aus den Innenverteidigern Bastians und Fabian sowie Tim Hoogland zusammen, der als Rechtsverteidiger spielte.
Damit verloren die Gäste aus dem Ruhrgebiet einerseits an Qualität im Passspiel aus der ersten Linie, andererseits an passenden Staffelungen sich anbietender Spieler im Mittelfeld. Zusammen mit einem stumpfen Rasen, der lange Flachpässe erschwerte, und dem tiefen 451 Angriffspressing Unions, aus dem die seitlichen Aufbauspieler scharf angelaufen worden, führte das dazu, dass Bochum auf kontrolliertes Aufbauspiel eher verzichtete und stattdessen lange, hohe Pässe ins offensive Mittelfeld oder direkt auf Peniel Mlapa spielte. So entstanden viele eins-gegen-eins Duelle um diese Bälle. Obwohl Unions Hintermannschaft damit insgesamt gut zurecht kam, reichten die Situationen, in denen Mlapa sich durchsetzen konnte um Gefahr zu entfachen - am deutlichsten bei seiner Chance in der 14. Minute.
Unioner Spielaufbau or lack thereof
Man muss nicht Ausweis-tragendes Mitglied des Eroll-Zejnullahu-Fanclubs sein, um zu sehen, dass die Entscheidung gegen ihn in diesem Spiel bedeutet, Ansprüche an Teile dessen, was guten Fußball ausmaacht, aufzugeben. Das zu konstatieren ist außerdem keine Kritik an Micha Parensen, der ein kompetentes Spiel machte. Seine Fähigkeiten waren für Unions Ballbesitzspiel auch gar nicht ausschlaggebend, da er häufig schon von Busk oder den Innenverteidigern mit langen Bällen überspielt wurde.
Ziel dieser Anspiele war vor allem Sebastian Polter, der so aber nicht optimal eingebunden war. Zwar konnte der Rückkehrer Bälle sichern, und sich einige Male sogar um seinen Gegenspieler Richtung Tor drehen, aber auch dann sah er sich meist noch der letzten Verteidigungslinie Bochums gegenüber, oft ohne weitere Anspielstationen. So verliefen sich auch gelungene Aktionen. Das Union nicht zu klaren Chancen kam, lag also nicht nur an Ungenauigkeiten im finalen Passspiel, sondern vor allem daran, dass es diesem an Vorbereitung fehlte. Gegen eher tief und passiv verteidigende Bochumer ergaben sich außerdem weniger Räume als erhofft, die Skrzybski oder Hedlund mit Tempo hätten attackieren können.
So waren Dribblings in den linken Halbraum von Kristian Pedersen unter den auffälligsten Offensivaktionen Unions. Das änderte sich auch in der zweiten Halbzeit kaum. Mit viel direktem Spiel gab sich Union zwar die Chance, von Fehlern wir dem von Bastians vor dem 1-1 zu profitieren - war darauf aber auch angewiesen. Erfolgsstabile Mechanismen waren dabei aber nicht zu sehen.
Szene des Spiels
Das Durchlassen des Balles von Merkel vor Bochums Führungstor, mit dem er die Balance des Angriffs verschob und letztlich Parensens Stellungsfehler in Unions verwirrter Abwehr verursachte, war schön anzusehen. Danke Merkel.