Und ist der Sieg auch noch so nah
Einmal mehr war es nicht langweilig an der Alten Försterei, nach taktischen Änderungen und einem wechselhaften Spiel trennt man sich von Nürnberg 3-3.
Grundordnung
Entgegen der Vermutung des bescheidenen Bloggers kümmerte sich Union in erster Linie um ein massives und kompaktes Zentrum, mit einer Dreierkette und einem Mittelfeldtrio, das meist 2-1 Stellungen zeigte.
Das könnte entweder daran liegen, dass mein oberflächliches Scouting von Nürnberg zu oberflächlich war, und deren Offensive nicht vor allem auf Flügelangriffe ausgelegt ist. Oder aber, Sascha Lewandowski sah in den individuell starken offensiven Außen der Bayern zwar die wesentliche Gefahrenquelle, hielt es aber für die bessere Strategie, die Räume zu verteidigen, auf die sie abzielen, als die, aus denen heraus sie starten.
Entsprechend staffelte sich Union - nach der konfusen Anfangsphase, in der es viel zu große Räume für Kombinationen offen standen - eher tief. Die Stürmer, deren neue, laufintensivere Rolle Lewandowski nach dem Spiel hervorhob, liefen die Nürnberger Verteidiger eher diagonal von Außen an, provozierten also Pässe in die Mitte des Feldes. Dort sollten diese Bälle offenbar gewonnen werden und dann Schnellangriffe entweder direkt über Wood und Skrzybski oder verlagert auf die Flügel gestartet werden. Letzteres geschah vornehmlich über links, zum einen, weil dort Kapitän Maxi Thiel 1 offensiver agierte als auf der anderen Seite Trimmel; zum anderen, weil Rechtsfüßern im Mittelfeld Unions Pässe auf die linke Seite näher liegen.
Überlegenheit
Ganz anders als vor zwei Wochen gegen Paderborn reagierte Union unbeeindruckt, mit vielen guten Aktionen und letztlich dem Ausgleich auf einen frühen Rückstand. Doch auch wenn die Mannschaft das Spiel von der 10. bis zur 60. Minute bestimmte, entstanden dabei weniger klare Torchancen als die drei Tore, die dabei fielen, erwarten lassen könnten. Um sich solche Chancen zu erspielen mangelte es in vielen aussichtsreichen Situationen an Präzision in der Entscheidungsfindung, etwa wenn Thiel oder Skrzybski in Kontersituationen zu früh Schusspositionen suchten, statt kontrollierte, flache, diagonale Ablagen zu suchen. Wenn die richtige Option gewählt wurde war leider die Ausführung einige Male nicht präzise genug.
So kam die Mehrheit der Abschlüsse Unions in der ersten Halbzeit aus mehr oder weniger aussichtslosen Lagen weit entfernt vom Tor. Einer davon provozierte zwar den Fehler des Nürnberger Torwarts vor dem 1-1, aber einzelne Glücksmomente validieren nicht die Strategie...
Where did it all go wrong?
Dass, einmal mehr, Union die Führung in der Schlussphase aus der Hand gab hatte auch systematische Gründe: Die Nürnberger Außen spielten etwas zentraler, glichen so Unions Überzahl im Zentrum aus und erschlossen so mehr Kombinationsmöglichkeiten. Gleichzeitig vielen die Flügelspieler von Union aus dem Mittelfeld weiter zurück und bildeten öfter eine Fünferkette, was diesen Effekt noch verstärkte.
Andererseits verloren Unioner einige individuelle Duelle - Schöpf passierte vor seinem Tor jeden der drei Innen-/Halbverteidiger. Dass sich in diesen Duellen das Gleichgewicht in der Schlussphase noch einmal drehte, und Union, vor allem nach Standards, zu Chance zum Siegtor kam, spricht für das, was man aus mir unerfindlichen Gründen die 'Moral' einer Mannschaft nennt.
Außerdem trugen die eingewechselten Redondo und Brandy dazu bei, die Muster von Union Angriffen etwas mehr zu variieren. Sie bildeten das Zusammenspiel des Sturmduo Wood-Skrybski etwas kombinativer und nicht in vorderster Linie nach, und eine technisch starke Aktion von beiden führte zu Brandys guter Chance.
Szene des Spiels
Ich bin seit längerem überzeugt, dass Einwürfe für den Gegner tief in dessen Hälfte zu den vielversprechenderen Spielsituationen im Fußball zählen, da sie ideale Gelegenheiten zum Pressing anbieten. (Ein Beispiel für die perfekte Nutzung dieser Situationen bietet Diego Simeone's Atletico Madrid.)
Es freute mich also, dass Union sich dieses Mittels zu bedienen suchte - namentlich Stephan Fürstner, der den Anstoß nach dem 0-1 dazu nutzte, eine solche Konstellation zu provozieren. Nürnberg tat das dann auch noch einmal.
1Ich glaube nicht, dass ich einen Spieler mit dem Twitter Handle @thielikadabra ernst nehmen kann.↩