Live Analyse: Fortune telling
An dieser Stelle gibt es heute eine live Analyse aus der Alten Försterei zum Spiel gegen Fortuna Düsseldorf.
Grundausrichtung
Union könnte nach dem Pokalspiel in Dortmund personell vor allem im Mittelfeld und Angriff (zurück) rotieren, während in der Abwehr Alternativen rar sind. Korte noch nicht fit genug für den Kader, wäre aber eine interessante Alternative für Hedlund, um mit Skrzybski und Hosiner den Zehnerraum gegen Düsseldorfs 4141 auszufüllen.
Präambel
11:56, etwa eine Stunde vor Anpfiff. Noch liegen die Aufstellungen nicht vor, deshalb gilt voerst weiter die oben abgebildete Spekulation als neuester Stand. Auf dieser Grundlage wäre zu erwarten, dass Union versuchen wird, Philip Hosiners geschickte Bewegungen aus dem Sturmzentrum zurück sowie sein gefährliches Kombinationsspiel im Vorwärtslaufen zu nutzen, um diagonal agierende Außenstürmer, vor allem Skrzybski, in Abschlusspositionen zu bringen.
Jens Keller zeigte sich in der Pressekonferenz vor dem Spiel unwillig, zu viel selbst über die Stärken Düsseldorfs zu verraten, und nannte als solche letztlich nur die individuelle Qualität von Rouwen Hennings. Das träfe sich gut mit den Stärken Unions in der Strafraumverteidigung. Trotz verbesserter Form in den letzten Wochen muss Düsseldorf als Außenseiter für dieses Spiel gelten, nicht zuletzt, weil es Siege vor allem gegen Mannschaften aus den niederen Regionen der Tabelle gab. Außerdem konnte man dabei kein offensichtliches stabiles Konzept zeigen.
Im Vergleich zur hohen Pokalniederlage ändert Düsseldorf die Startformation auf vier Positionen: statt Madlung, Ferati, Sobottka und Ngombo spielen Kiesewetter, Bellinghausen, Hennings und Bormuth. Wie sich das gestaltet, bleibt abzuwarten. Auf Twitter behauptet Fortuna, in einem 4231 mit Ayhan und Bodzek auf der Sechs aufzutreten.
Indessen sind die Aufwärmübungen von Union (gerade: Torschuss nach Ablage oder Flanken) taktisch und spielerisch eher von begrenztem Informationsgehalt.
1. Halbzeit
1. Minute
Union nicht wie oben im 433, sondern mit der Raute und einer Doppelspitze Hedlund und Hosiner. Wie das auf den Flügeln mit der Breite Düsseldorfs zurecht kommt, ist abzuwarten.
Düsseldorf sieht in der Tat 4231 mäßig aus.
Wenn hier übrigens öfter von 'Telephonnummern' die Rede ist, sollte das als shorthand für die jeweiligen, anderweitig ausführlich beschriebenen Abläufe verstanden werden.
2. Minute
Toni Leistner zeigte gerade einer seiner typischen epischen Rausrückbewegungen auf die andere Seite des Mittelkreises - und versinnbildlicht so Unions aggressiven Beginn.
7. Minute
Gegen den Ball spielt Düsseldorf in einem tiefen 442, aus dem nur vorgerückt wird, wenn Union schon einen suboptimalen Ball im Aufbau gespielt hat. Währenddessen hat Union die erste Chance des Spiels mit einem Schuss aus sechzehn Metern.
15. Minute
Kaan Ayhan ist ein guter Fußballer. Er verfügt über sehr ordentliche Technik, starke Spielübersicht und herausragendes Raumgefühl. Eventuellle Schwächen in der Pressingresistenz werden allerdings heute spannend getestet werden.
18. Minute
Ein herausragender Angriff bringt eine weitere Chance für Union. Vom zurückfallenden Fürstner und über Trimmel eingeleitet kombiniert man sich präzise durch den rechten Halbraum, bis Hedlund auf Hosiner ablegt.
23. Minute
Ein scharfer Ball von Pedersen, der das Mittelfeld überbrückt und von der Düsseldorfer Defenive nur unkontrolliert abgefangen werden kann, zeigt, wie absichtliche Gegenpressingsituationen aussehen können.
29. Minute
Nach einer fast-Chance für Skrzybski wirkt Jens Keller unzufrieden damit, dass aus dem tiefen zentralen Mittelfeld direkt der Pass in die letzte Linie gesucht wird. Stattdessen hätte offenbar zuerst auf die - offene - rechte Seite verlagert werden sollen, um von dort Skrzybskis Lauf zu bedienen.
40. Minute
Teil von Unions Lösung für das Problem der Flügelverteidigung in der Raute ist, sie gegen den Ball stärker als zuletzt aufzulösen und Skrzybski auf den Flügel fallen zu lassen, wenn man sich nicht im aktiven Pressing befindet.
In diesen Situationen ensteht ein 4141 mit Daube auf Links.
Halbzeit
Union gelingt es, das Spiel zu dominieren und die eigenen potentiellen Schwachstellen zu unterdrücken. Nach sehr aktivem Beginn konnte die Intensität natürlicherweise nicht auf diesem Niveau gehalten werden. Auch offensiv sank die Produktivität nach den ersten 25 Minuten, als man seltener die Geschwindigkeit im Kombinationsspiel aufbauen konnte, um Düsseldorf zu überspielen. Die Strukturen dazu sind aber deutlich vorhanden.
2. Halbzeit
50. Minute
Die zweite Hälfte beginnt personell und strukturell unverändert. Bei einem taktischen Foul von Ayhan verletzt sich allerdings Trimmel. Ich verweise dazu auf Pressschlag. Für ihn kommt Quiring, mit dem anschließenden Freistoß beinahe das 1-0.
0-1, Bebou (Hennings, Schmitz)
55. Minute
In eine hektische Phase hinein fällt die Führung für Düsseldorf, entstanden über den linken Flügel und erzielt von Bebou.
59. Minute
Union geht mit der sehr hohen Positionierung der Außenverteidigung seit dem 0-1 nun noch mehr Risiko ein als schon bisher. Das bringt Ecken, aber auch eine weitere Chance für Fortuna.
64. Minute
Redondo steht zur Einwechslung bereit. Die offensivere Version wäre für Daube, in einem 433 mit Fürstner, Kreilach und Skrzybski. Wahrscheinlicher ist, dass er 1-zu-1 Hedlund ersetzt. So geschieht es.
71. Minute
Das vornehmliche Mittel Unions sind nun Durchbrüche auf den Flügeln. Die Flanken, die dabei herauskommen, sind zwar bedacht und führen deshalb zu Abschlüssen, aber nicht zu sehr wahrscheinlichen Torgelegenheiten.
73. Minute
Fürstner ändert in einer Situation dieses Muster und spielt Kreilach durch, statt Pedersen eine Station weiter außen. Eine weitere Kombination am Fünfmetereck später hat Union seine beste Chance bisher.
76. Minute
Sören Brandy ersetzt -- Stephan Fürstner. Es gibt nun also doch noch die oben angerissene 433 Variante mit Kreilach, Daube, Skrzybski - Redondo, Brandy, Hosiner
84. Minute
All intensity, no midfield.
87. Minute
Gelb Rot für Ayhan. Siehe oben.
Schlusspfiff
Einige Halbchancen verstreichen, es bleibt beim 0-1.
Epilog
Bevor die Pressekonferenz der Trainer beginnt lässt sich sagen, dass Düsseldorf glücklich gewinnt - selbst Kaan Ayhan sagte das nach dem Spiel. Union erspielte sich zwar genug ordentliche Chancen, um mindestens ein Tor, aber nicht viele so klare, das quasi unausweichlich zu machen. Nach einer starken Auftaktphase, in der man es verstand, vor allem den rechten Halbraum zu überladen, folgte eine Phase etwas statischeren Spiels bis zu einer druckvollen, unabgesicherten Schlussoffensive.
So viel zur live Berichterstattung. Ein Fazit mit etwas Abstand folgt am Abend.
Post-Skriptum
Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel sagte im Gespräch nach dem Spiel, dass sein Team auf beide Varianten Unions (Raute und 433) vorbereitet gewesen sei und lobte seine Mannschaft dafür, auf die Umstellung Unions flexibel reagiert zu haben. Diesen Formationswechsel machte er schon in der ersten Halbzeit, etwa ab der 25. Minute aus.
Ab wann das der Fall war ist ansichtssache. Steven Skrzybski, an dessen Rolle der Unterschied beider Formationen hängt, spielte mit fortschreitender Spieldauer defensiv immer öfter auf dem rechten Flügel, und hatte im Umschalten in die Offensive dort auch Szenen im Angriffsspiel. Gegen Ende der Halbzeit fand er sich auch in der Grundformation in Ballbesitz auf dem rechten Flügel ein. Gleichzeitig rückte er auch immer wieder ins offensive Mittelfeldzentrum und den rechten Halbraum - den zu bespielen offenbar der Plan war, der nach Aussage Skrzybskis treffend war, aber an Konzentrationsschwächen und dem bis zur Schlussphase fehlenden "absoluten Willen" scheiterte. Unabhängig von seiner Ausgangsposition ist das Aufgabenprofil aber ohnehin ähnlich.
Die Phase nach der Umstellung auf 433 fiel zusammen mit derjenigen, in der Union offensiv am wenigsten zustande brachte. Das lag aber mindestens ebensosehr an einem Abfall in Intensität wie an Problemen, die richtigen Räume zu besetzen. Dafür spricht auch, dass sie sich nach der Halbzeit und der Rückkehr zur Raute bis zu einer ziemlich radikalen, aber bedingt effektiven, Schlussoffensive fortsetzte. Der Grund für diesen Mangel an Effektivität hatte etwas mit dem immer stärker werdenden Flügelfokus zu tun. Während Jens Keller den Grund wohl eher in der Ausführung sah, dürfte es Leser dieses Blogs nicht überraschen, dass ich systematischere Zweifel an dieser Herangehensweise hege.