So you don't have to
Union spielt freitags am frühen Abend zu Hause gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth, hier wird das Spiel live beobachtet und analysiert ...
Präambel
Auch wenn Trainer Jens Keller sich gegen diese Sichtweise verwahrt: seine Mannschaft geht nach einer eher durchwachsenen Phase in das letzte Spiel des Jahres und der Hinrunde. Nach Niederlagen gegen Düsseldorf und in Kaiserslautern und Heidenheim steht man trotz guter Ergebnisse gegen die Spitzenmannschaften Stuttgart und Braunschweig in der 'Formtabelle' der letzten 6 Partien nur auf Platz 15.
Schwer tat sich Union dabei vor allem, wenn es Gelegenheiten im Offensivspiel gegen strukturell passive Gegner selbst kreieren musste. Das gilt vor allem für die Spiele gegen Düsseldorf oder in Kaiserslautern (und zuvor Würzburg), mit Abstrichen aber auch vor einer Woche in Heidenheim. Heidenheim verfolgte zwar eine aggressive Pressingstrategie, war dabei aber darauf bedacht, Union keine Gelegenheit zu geben, seine individuelle Stärken auszuspielen, und Kellers Mannschaft stattdessen dazu zu zwingen, Räume durch strukturiertes Aufbauspiel zu erschließen.
Das gelang aus verschiedenen Gründen nicht, zu denen auch schwache Tagesform gehört. Gerade um auszumachen, wie groß der Anteil vorübergehender und systematischer Faktoren ist, wird das Spiel gegen Fürth interessant.
Die Franken selbst hatten gegen St. Pauli ein ähnlich enttäuschendes Spiel, nachdem sie unter ihrem Interimstrainer Janos (sprich: Janosch) Radoki zunächst zwei Spiele gewannen. Radoki betonte denn auch, dass die Mannschaft noch ein ganzes Stück davon entfernt sei, seine Vorstellungen umzusetzen. (Die Entscheidung, ob er dazu über den Winter Gelegenheit bekommen wird, steht noch aus.) Spiele wie gegen Stuttgart (0-4) oder Mainz (2-1), in denen Fürth sich an tiefem Mittelfeldpressing im 4141 oder 451 versuchte, sind ohnehin Muster ohne Wert. [Um von 'Serien' ganz zu schweigen.]
T: -78
Es bleibt abzuwarten, wie viel 'live' heute in der 'Liveanalyse' steckt. Es sind 1,5’ C, aber immerhin trocken.
T -55
Die Aufstellungen sind da, und entsprechen auf Unions Seite den Erwartungen. Fürth ist etwas anders besetzt als erwartet: im Tor steht Burchert statt Megyeri, Zulj statt Dursun.
T -20
Torwart Megyeri ist wohl verletzt wurde Vater und ist deshalb nach Ungarn gereist, die Rollenverteilung von Sararer, Zulj und den Außen ist eine der offenen Fragen. Ein konventionelles 442 ist ebenso denkbar wie ein 4411 oder 4231, inklusive einiger Variationen.
Auf der Bank bei Union sitzt neben Eroll Zejnullahu auch wieder Maxi Thiel, der laut Jens Keller nach langer Pause aber noch ein Stück davon entfernt ist, der Mannschaft entscheidend helfen zu können. Trotzdem wären seine (und auf Sicht auch Raffael Kortes) Anlagen, zwischen den Linien zu spielen, eine wichtige Ergänzung des Fähigkeitsprofils der Mannschaft.
1. Halbzeit
3. Minute
Union mit einem lauten Beginn auf den Rängen und dem Platz. Bei Fürth spielt in der Tat Sararer in der Spitze, während Bolly etwas höher agiert als sein Pendent auf links und Zulj zwischen zentralem Mittelfeld und 10 pendelt.
4. Minute
Fürth deutet nun eine 433 Pressingformation an, der sie allerdings darauf verzichten, den Spielaufbau von Union aktiv zu stören und Leistner anzulaufen.
Indessen sorgt Kreilach mit einer schönen Ablage auf Skrzybski für ein spielerisches high light.
11. Minute
Union hat gute Momente im Pressing, in dem Kreilach sich beweglich einschaltet und den Außenverteidiger anläuft.
15. Minute
Die Außenstürmer von Union kommen in eigenem Ballbesitz etwas tiefer als bisher und unterstützen so den Spielaufbau - wie gerade, als Fürstner sonst zentral Optionen fehlten.
23. Minute
In einem Moment, in dem ich schon vom Pressing abgeschaltet habe, macht Quaner den selben Fehler nicht und kommt einem ultragefährlichen Ballgewinn gegen Burchert nahe.
25. Minute
Die Herangehensweise der Franken, im 433 gegen den Ball zwar recht hoch, aber eher passiv zu stehen, sorgt zwar für nur mäßigen Druck auf das Aufbauspiel, aber große Gefährlichkeit bei trotzdem zustandekommenden Ballgewinnen.
45. Minute
Fürths Spielweise kam einem 523/532 zunehmend näher, bei dem Narey rechts als offensiverer wing back als Heidinger links spielte.
Halbzeitpause
Union bestimmt das Spiel und kam zu einigen Chancen, von denen zumindest eine hochkarätig war. Die Mannschaft von Jens Keller zeigt sich verbessert im Spielaufbau. Trotzdem ist Fürth, das mit drei recht hoch spielenden Angreifern recht riskant spekuliert, in einigen Situationen gefährlich.
2. Halbzeit
50. Minute
In den ersten Minuten der zweiten Halbzeit geht es auf beiden Seiten für die jeweiligen Defensiven etwas zu schnell, so entsteht eine Reihe von Chancen. Der 0-0 Zwischenstand wird dem Spiel nicht gerecht.
64. Minute: 1-0
Redondo wird für Hedlund kommen. Wenn ich die Anweisung von Jens Keller richtig verstehe, soll Redondo noch mehr Sprints in die Tiefe suchen. Dazu könnte es nach der Führung durch Leistner nach Ecke mehr Gelegenheit geben.
71. Minute
Auch die Spvgg wird wechseln, Nicolai Rapp steht bereit. Außerdem interpretieren jetzt beide Flügelverteidiger ihre Rolle sehr offensiv und stehen hoch.
Rapp kommt für Djokovic und in die Innenverteidigung, Geißelmann rückt dafür eins vor.
78. Minute
Dursun bei Fürth nun für Bolly im Spiel. Auch damit dürfte sich formativ wenig ändern. Allerdings ändert sich nach einer unglücklich unterbrochenen Klärung der Spielstand, 1-1.
82. Minute
Union fällt es sichtlich schwer, wieder zu kontrolliertem Offensivspiel zu finden. Brandy wird indes für Quaner kommen.
Oder auch nicht: Kroos geht für Brandy vom Feld.
Schluss
Nach ein paar Minuten mit spielerisch konsistenterem Druck und einigen Chancen bleibt es beim 1-1.
Epilog
Ein Union, das in vielerlei Hinsicht verbessert auftrat, holt gegen Fürth nur einen Punkt. Dieses Ergebnis ist trotzdem leistungsgerecht, da das Kalkül der Franken, Präsenz im Mittelfeld aufzugeben um Ballverluste in Kontern besser auszunutzen, aufging.
Die überraschende Aufstellung Fürths nutzte Union, um stärker als zuletzt im Aufbau Kombinationen im Mittelfeld zu suchen, und den Fokus nicht auf Collin Quaner und zweite Bälle aus Ablagen des Stürmers zu legen. So war man vor allem Mitte der zweiten Halbzeit überlegen, kam aber nur zu einem Tor und ließ so die Möglichkeit eines unglücklichen Ausgleichstreffers bestehen.
Stimmen
Janos Radoki, der Interimstrainer der Spielvereinigung, bestätigte im Interview mit Eiserne Ketten nach dem Spiel, dass diese Abwägung bewusst getroffen wurde, und beurteilte sie als gelungen. Radoki lobte vor allem die Chancenqualität (mehr als die Quantität von Abschlüssen) seiner Mannschaft: nur wenigen Mannschaften gelänge es an der Alten Försterei, offensiv so präsent zu sein. Dem tat es auch keinen Abbruch, dass in der Formation eigentlich zwei Stürmer vorgesehen waren, Zulj aber auf dem Feld eine noch höhere Position einnahm und so oft Staffelungen mit drei Angreifern entstanden. Dass es den drei Fürther Stürmern nicht gelang, noch direkteren Druck auf die Aufbaureihe Unions aufzubauen, begründete der ehemalige Verteidiger des SSV Ulm interessanterweise mit der intensiven Atmosphäre im 'Hexenkessel' Unions.
Die Beteiligten aus Köpenick waren natürlich weniger zufrieden - und sichtlich genervt vom Spielverlauf. Sowohl Kristian Pedersen als auch Stephan Fürstner bestätigten, dass die Herangehensweise Fürths auch für sie überraschend kam, betonten aber zugleich, dass es der Mannschaft vor allem darauf ankam, ihr eigenes Spiel anzubringen und präsent zu sein. Für die inhaltliche Ausrichtung dieser Bemühungen gab dieses Spiel einige Fingerzeige zu mehr kombinativem Spiel, deren Entwicklung über die Winterpause interessant zu verfolgen sein wird.