Zeit, eine neue Positionsbezeichnung zu lernen

Hamburg-Union

Die Aufstellungen zu Beginn: Union mit den neuen Stammflügeln(?) Mees un Abdullahi

Auch Hamburg kann diesen 1. FC Union nicht schlagen, obwohl die Mannschaft von Hannes Wolf die bessere Stellung hat.

Es gibt einige neuere Beschreibungen taktischer Rollen, die Eingang in das Mainstream Vokabular des Fußballs gefunden haben und dort mehr oder weniger verstanden und mehr oder weniger selbstverständlich genutzt werden. Dazu gehört die falsche Neun ebenso wie der abkippende Sechser. Weniger gebräuchlich sind bisher eingerückte Außenverteidiger. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wenige Mannschaften diese Position so interpretieren. Vorreiter ist dabei wenig überraschend Pep Guardiola, ansonsten hatte Holstein Kiel damit in der vergangenen Saison großen Erfolg, während es Markus Anfang nicht immer gelang, das System bei Köln ähnlich zu implementieren.

eingerückte Außenverteidiger

Von wo Hamburgs Außenverteidiger Pässe spielten: sehr zentral; Screenshot WhoScored

Am Montagabend hat der HSV unter Hannes Wolf dieses Mittel extrem konsequent eingesetzt, und war damit gar nicht so wenig erfolgreich. Dass Sakai und Douglas Santos sich im Aufbau in den Halbräumen postierten, war für Union sehr unangenehm, vor allem, wenn hinter ihnen eine Dreierkette gebildet wurde, indem die Innenverteidiger von Torwart Pollersbeck ergänzt wurden. Denn dann waren Unions Pressingspitzen damit gebunden, etwas Druck auf die Innenverteidiger auszuüben und den Passweg auf den Sechser Mangala zu verstellen, konnten aber die Passoptionen Hamburgs nicht wesentlich stören.

Das eigentliche Problem bestand aber darin zu entscheiden, wie sich Unions Außenstürmer verhalten sollten: verfolgten sie ihre nominellen Gegenspieler in die Mitte, blieben auf den Flügeln eins-gegen-eins Duelle übrig, die ungünstig für Union waren. Denn Christopher Trimmel hatte gegen Bakary Jatta Temponachteile. Das ist keine Schande, denn gegen den als Flüchtling nach Deutschland gekommenen Flügelspieler hat ungefähr jeder Temponachteile. Auf der anderen Seite war das Duell zwischen Narey und Reichel etwas ausgeglichener, aber auch nicht ohne Risiken.

Um diese 1v1 Situationen abzusichern oder zu verhindern, hätten die Flügelspieler Unions auf den Außen bleiben können und die Passwege dorthin versperren und andernfalls defensiv helfen können. Geschah das, ließen sie damit aber die eingerückten Außenverteidiger frei. Das bedeutete wiederum, dass Unions Sechser als Hilfe gegen diese Außenverteidiger verteidigen mussten. Wenn dann der ballferne Sechser nicht absichernd mit auf die Seite schob, auf der der Ball war; wenn Hamburg schnell die Seite wechselte; oder wenn Hamburgs Halbspieler Hunt und Holtby eine Seite überluden, gingen Union an irgendeiner Stelle die Verteidiger aus.

Okay, wenn Hamburg diesen strukturellen Vorteil hatte, warum kamen sie dann in der ersten Halbzeit kaum aus solchen Situationen zu Chancen, und ging stattdessen Union verdient in Führung?

Threddy

Einige interessante Analysepunkte hat der geschätzte Kollege Eduard Schmidt auf Twitter gemacht

Zum einen, weil in dieser Stellung ein Mechanismus fehlte, sie wirklich effizient zu nutzen: Hamburg konnte Jatta zwar im 1v1 mit Trimmel isolieren, aber vor allem in statischen Situationen. Also nicht mit Bällen hinter Trimmel, die Laufduelle erzwungen hätten. Versuchte man das mit langen Bällen, half der überragende Friedrich gut. Und für Kurzpass Varianten fehlte Tempo in Doppelpässen oder Unterstützung, um Räume im Spiel im Dreieck aufzuschließen.

Und zum anderen, weil Hamburg gute Momente vergab und Union in der ersten Halbzeit individuell sehr gut war. Union gewann viele wichtige Zweikämpfe und es gab relativ große Räume, die man attackieren konnte - entweder direkt und etwas spekulativ, oder mit klareren Aktionen, wenn es gelang, den Ball nach einem diese Zweikämpfe zu sichern. (Gerade für letzteres war oft Hartel, manchmal auch einer der Sechser verantwortlich.)

Szene des Spiels

Der 'Ballwechsel' ab 19:45: Hamburg spielt in der Aufbaudreierkette herum, und findet dann mal den Raum hinter Trimmel, weil sich van Drongelen für einen Doppelpass mit Jatta anbietet und letzterer so in freien Raum kommt. Seinen Pass nach innen lässt Holtby ganz hübsch durch, kann Hwang aber nicht verwerten. Den losen Ball - wie könnte es anders sein - sammelt Manuel Schmiedebach auf, dessen Pass nach vorn Sebastian Polter sehr intelligent durch die eigenen Beine in den Lauf von Abdullahi verlängert. Mindestens entgegen der sonstigen Linie des Schiedsrichters wird dessen Laufduell gegen Douglas Santos abgepfiffen und Union kommt nicht zu einer Großchance.

Abdullahi

Abdullahi konnte sich durchsetzen, wurde aber zurückgepfiffen; Photo: Martin Rose/Bongarts/Getty Images

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