Zieht der 1. FC Union so in die Bundesliga ein? (Teil I)
Union kommt beim VfB Stuttgart zu einem exzellenten Hinspiel-Ergebnis in der Aufstiegsrunde. Dank der Rückkehr zum 433 und tollen Aktionen.
Union wieder 433
Urs Fischer kehrte für das Relegations, nein, Promotions-Hinspiel zum 433 zurück, dass diesmal mit Hartel links, Abdullahi rechts und Andersson als Mittelstürmer besetzt wurde. Die grundlegenden Dynamiken, die sich daraus in Wechselwirkung mit Stuttgarts 4231 ergaben, hat Jonas bei vfbtaktisch schon gut beschrieben. Beide Mannschaften setzten klassisches Aufbauspiel eher sparsam ein und fokussierten stattdessen direktere Methoden. Bei Union waren das vor allem lange Bälle auf ein oft doppelt besetztes Sturmzentrum, bei Stuttgart Konter über die Flügel.
Dabei heraus kam letztlich ein Unentschieden, das als eindeutiger Erfolg für Union wahrgenommen wurde - und das auch war. Dabei waren viele Faktoren für Unions Erfolg nicht in erster Linie taktische. Union hatte keinen herausragenden Plan, der für Überlegenheit gesorgt hätte. Aber es hatte überragende Aktionen, die das Ergebnis gut gestalteten. Und die dafür sorgten, dass der Zweitligist auswärts letztlich die bessere Mannschaft war und einen Siegtreffer aus einer der Chancen in der Schlussphase verdient gehabt hätte.
Trotzdem darf aber nicht vergessen werden, dass Stuttgart in einigen Phasen des Spiels durchaus zu latent und akut gefährlichen Angriffen kam. Und eben Aktionen wie eine spektakuläre Flugkopfball-Rettung von Reichel (32:30) nötig waren. Interessant war dabei, dass sehr viele der Stuttgarter Offensiv-Szenen (vor allem in der ersten Halbzeit) aus doppelten Umschaltmomenten resultierten.
Stuttgarts doppelte Umschalt-Gefahr
Mit "doppelte Umschaltmomente" sind hier Situationen gemeint, in denen Union, oft Schmiedebach, Prömel und Hartel, im eigenen defensiven Mittelfeld an den Ball kamen, den dann aber wieder verloren. Das diese Momente natürlich die gefährlichsten im Orientierungswechsel zwischen Verteidigung und Angriff sind, ist der Grund dafür, dass die ganze Fußballwelt seit zehn Jahren über Gegenpressing spricht. In diesem Fall wurden gerade schlechte Entscheidungen zu Dribblings im 6er- und 8er-Raum Union oft beinahe zum Verhängnis.
Mutig oder tollkühn
Bemerkenswert war dabei, wie riskant Union auch auswärts gegen den hoch-favorisierten aktuellen Bundesligisten seine Spielanlage interpretierte. Deutlich wurde das gerade auf der linken Seite.
Dort spielte Hartel in einer sehr viel Mittelfeld-artigeren Position als auf dem anderen Flügel Abdullahi. Während Abdullahi sich rechts vor allem linear nach vorne, suchte Hartel mit dem Ball auch immer wieder den Weg in die Mitte, und zwar auch leicht nach hinten in Richtung des 6er-Raums. Für Unions mutige Herangehensweise spricht nun, dass Linksverteidiger Ken Reichel ihn in diesen Momenten ziemlich konsequent hinterlief. Nun verläuft aber zwischen 'mutig' und tollkühn ein schmaler Grat, der vor allem dann überschritten wurde, wenn Reichel dabei gar nicht anspielbar war, weil etwa Stuttgarts rechter Flügelspieler Didavi den Weg zu ihm versperrte und Hartel sowohl an Pässen nach vorn als auch an Drehungen gehindert wurde. In diesen Momenten war Reichel dann sowohl defensiv als auch offensiv aus dem Spiel(zug) genommen. Strukturell gilt das auch für die Entstehung des 1-0, die aber mit einem Einwurf tief in Stuttgarts Hälfte ein Sonderfall dieses Musters war.
Es gab aber eben auch Momente, in denen Unions Plan funktionierte. Wenn Reichel etwa hoch die Außenbahn besetzte, konnte Hartel in die Halb- und Zwischenräume besetzen und fühlte sich niemand in der VfB-Defensive für Reichel zuständig. Perfekt funktionierte das vor Anderssons Chance in der 26. Minute.
Szene des Spiels
Suleiman Abdullahis unfassbare gute, bergkampeske Ballannahme und Vorlage zum 1-1. Und das stellvertretend einerseits für Unions Spielweise, in der lange Bälle wie hier auf Andersson zentral waren. Aber auch für Abdullahis insgesamt herausragende Leistung.
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