Import/Export

Zum Trainingsauftakt, und in der Mitte des Sommers, ist vielleicht kein schlechter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz der Transferaktivitäten Unions.

Was bisher geschah

Fangen wir also mit den grundlegenden Fakten an, was hat sich bisher getan? Die Spieler mit Spielanteilen in der Profimannschaft in der letzten Saison, die den Verein verlassen haben, sind:

  • Roberto Puncec (25), Innenverteidiger
  • Raffael Korte (26), offensives Mittelfeld
  • Adrian Nikci (27), Linksaußen
  • Maximilian Thiel (24), Linksaußen
  • Emanuel Pogatetz (34), Innenverteidiger
  • Benjamin Kessel (29), rechter Verteidiger
  • Eroll Zejnullahu (22), zentrales Mittelfeld

Dem gegenüber stehen Zugänge für die erste Mannschaft in:

  • Grischa Prömel (22), defensives Mittelfeld
  • Marcel Hartel (21), offensives Mittelfeld
  • Marc Torrejón (31), Innenverteidiger
  • Peter Kurzweg, (23), linker Außenverteidiger

Dabei fällt zunächst auf, dass es nur wenige Transferpaare gibt, bei denen ein Neuzugang einen Verlust ersetzt, oder eine Position im Austausch zweier Spieler direkt verstärkt wird. Am ehesten trifft ersteres auf Puncec und Torrejón zu. Auch hier ist allerdings abzuwarten, ob der Spanier wirklich Puncec ersetzt, oder ob er eher als routinierter erster Ersatz für die Innenverteidigung eingeplant ist. Was davon der Fall ist, wird sich wohl schon in den weiteren Transfers, und nicht erst in den Spielen zeigen.

Abwehr

Solange diese weiteren Transfers aber nicht passiert sind, müssen wir davon ausgehen, dass entweder Fabian Schönheim oder Torrejón Puncec Platz einnehmen werden. Dazu müsste der Neuzugang allerdings, wie Puncec zuvor, eher auf der falschen Seite in der Innenverteidigung spielen - Torrejón ist eher rechts zuhause und hat in Freiburg phasenweise auch als rechter Außenverteidiger gespielt.

Torrejón

Zumindest die ordnenden Gesten passen schonmal bei Marc Torrejón, Photo: Stefanie Fiebrig

Torrejón ist ein Innenverteidiger mit guter Übersicht und solidem, vertikalem, hin und wieder auch kreativem Passspiel, der ansonsten vor allem im Kopfballspiel und direktem Zweikampf Stärken hat. Während das recht gut in Unions defensives Schema passt, bleibt abzuwarten, ob der mittlerweile 31-jährige Spanier die Form etwa aus der Aufstiegssaison mit Freiburg vor zwei Jahren noch einmal zeigen kann. Um Puncec Rolle im aktiven, dynamischem Herausrücken, in dem der Kroate in der vergangenen Saison viele Bälle abgefangen hat, einzunehmen, müsste sich Torrejón in dieser Hinsicht deutlich steigern. Alternativ könnte natürlich der andere Innenverteidiger einen größeren Teil dieser Aufgaben übernehmen, Union wäre dann aber weniger flexibel.

Peter Kurzweg, der von Absteiger Würzburg zu Union kommt, ist ein linker Außenverteidiger ohne auffällige Stärken, der sich in der letzten Saison kaum vom Ligadurchschnitt abgehoben hat. Er soll wohl kaum viel mehr sein als eine verlässliche Alternative für Spiele, in denen Kristian Pedersen ausfällt.

Mittelfeld

Bei Grischa Prömel ist zunächst zu hoffen, dass er von der letzten Saison in Karlsruhe keine bleibenden Schäden davongetragen hat. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn darin enthalten waren Erfahrungen wie das 0-5 in St. Pauli, bei dem Prömel im offensiven Mittelfeld spielte und etwa alle 10 Minuten einen Ballkontakt hatte.

Wenn Prömel sich davon erholt, ist er ein physisch starker, dynamischerer Sechser als Stephan Fürstner, dem allerdings dessen Stärken in der Antizipation fehlen. Prömel hat spielerisch bessere Anlagen, als er in Karlsruhe zeigen konnte, neigt dabei aber eher zu unspektakulären Pässen. Obwohl unwahrscheinlich scheint, dass Union einen 23-jährigen deutschen U21 Nationalspieler als Ergänzungsspieler verpflichten würde, ist nicht ganz offensichtlich, auf welcher Position Prömel erste Wahl sein sollte. Er ist zwar als alleiniger defensiver Mittelfeldspieler eine Alternative zu Fürstner, bräuchte dann aber Unterstützung der jeweiligen Achter dabei, Verbindung zu ihnen herzustellen.

Prömel_Hartel

Sowohl über Hartel als auch über Prömel haben Beobachter ihrer Exvereine gemischte Dinge zu sagen, der Ballreiter über Prömel etwa: "er hat die ganze saison seine medaille auf dem platz spazieren getragen ;)"; Photo: Stefanie Fiebrig

Die Kollegen von Niemals Allein haben einmal angeregt, dass Prömel sich auch als Innenverteidiger eignen könnte. Das ist eine interessante Idee, die bisher aber (, der Datenbank von Transfermarkt zu Folge), nur in der A Jugend der Stuttgarter Kickers probiert wurde.

Im Unterschied zu den anderen Zugängen ist Marcel Hartel schwer einzuschätzen. In Köln hat der Mittelfeldspieler in der vergangenen Saison nur 91 Minuten gespielt: 25 beim Unentschieden gegen Augsburg, 66 bei einem 0-4 gegen Hoffenheim. Welche Rolle Hartel in Unions Mittelfeld einnehmen wird bleibt daher abzuwarten.

Eine genauere Vorstellung hat man von Akaki 'Andy' Gogia. Dessen Wechsel ist zwar noch nicht offiziell, erscheint aber noch immer wahrscheinlich. Gogia würde nicht nur Erolls Platz im Kader als offensive Option im Mittelfeld füllen, sondern auch eine Alternative zu Steven Skrzybski in all seinen Rollen bieten - und überhaupt mehr Kreativität und Qualität in engen Räumen in Unions Offensive bringen. Der 25-jährige wurde in Wolfsburgs Akademie ausgebildet, hat in Augsburg etwas Bundesliga Erfahrung gesammelt, und wurde nach einigen Jahren bei St. Pauli und dem Halleschen FC von Brentford FC verpflichtet, als der englische Zweitligist stark auf ein datengetriebenes Scouting- und Trainingskonzept setzte. Ted Knutson, der damals als Analyst für Brentford arbeitete, zeigt sich noch heute von Gogias Qualitäten überzeugt und meint, dass Gogia sich in England nur auf Grund der Spielanlage des Teams um ihn herum nicht durchgesetzt habe.

Gogia Radar

Gogias Saison in einem von Knutsons Radar-Diagrammen. Die Kategorie 'xA90', in der Gogia in verschiedenen Saisonabschnitten gute bis sehr gute Werte hatte, steht für die Assists, die seine Pässe pro 90 Minuten im Schnitt geben.

In Dresden hatte Gogia eine (von einigen Verletzungen unterbrochene) sehr produktive Saison, in der er vor allem mit Dribblings und gefährlichen Pässen zur Offensive beitrug, aber auch selbst torgefährlich war. Bei Union könnte man sich Gogia auf verschiedenen Positionen vorstellen, sowohl auf dem rechten Flügel als auch in Rollen im Zentrum.

Interessant ist, ob Gogia der Mittelfeldspieler ist, den Helmut Schulte in seiner Aufzählung der noch offenen Positionen vorsieht, oder ob seine Verpflichtung in der to-do-Liste des Sportdirektors schon eingeplant war.

Wenn über Gogia hinaus noch ein weiterer Spieler für die Zentrale gesucht wird, sollte es sich dabei um einen spielmachenderen Achter mit besseren 'Nadelspieler'-Eigenschaften als Kroos und Kreilach handeln. Diverse sächsische Zweitligisten hätten da diverse hochinteressante Spieler anzubieten.

kvesic_hauptmann

Mario Kvesic links (aus Aue wäre auch Mirnes Pepic ein interessanter Versuch, der allerdings zu direkt Erolls Rolle einnehmen könnte), Niklas Hauptmann rechts. Diagramme von Football Radars

Zwischenfazit

Aussteht außerdem noch die Verpflichtung eines jüngeren Rechtsverteidigers, der die Planstelle hinter Christopher Trimmel besetzt.

Vorausgesetzt Gogia kommt tatsächlich, hätte Union bisher die individuelle Qualität etwa konstant gehalten, mit leichten Verlusten in der Innenverteidigung und einer Gogia-förmigen Verbesserung in der Offensive. Ob diese Einschätzung bis zum Saisonstart hält, hängt vor allem von der Entwicklung um Toni Leistner ab.

vgwort